Salzburger Nachrichten

„Ein Formel-1-Rennen ist mehr als möglichst viel Überholen“

- Othmar Behr

War der klare Sieg des Sebasti- an Vettel in Kanada das Pro- dukt eines faden Rennens? Auch dem Deutschen selbst sind diese Debatten zu Ohren gekommen. „Es ist nicht ge- recht, so zu urteilen“, meinte Vettel in Le Castellet, „schauen wir zur Fußballwel­tmeister- schaft, da werden viele Spiele nicht aufregend sein und andere unglaublic­h. Und so sind einige Rennen spannend, andere eben nicht.“Auch der Schweizer Marc Surer argumentie­rte ähnlich. „Viel zu schnell wird über einen Grand Prix geurteilt. Aber ein Formel-1-Rennen ist mehr als möglichst viele Überholman­över.“Surer fuhr von 1979 bis 1986 in der Formel 1 und kommentier­te rund zwanzig Jahre Rennen im Fernsehen, zuletzt für den Bezahlsend­er Sky. Da der britische Kanal heuer überrasche­nd seine deutschspr­achigen Formel-1-Aktivitäte­n beendete, genießt der 66-jährige Surer „endlich die Tage ohne Terminkale­nder“. Die Rennen beobachtet er weiter und stellt fest: „Die Leistungen der Piloten sind so unglaublic­h gut. Es muss für eine richtig schnelle Runde so viel zusammenpa­ssen. Der Fahrer muss die Balance finden, denn entweder erwärmen sich die Reifen zu sehr oder die Bremsen. Dazu kommen die ganzen Einstellun­gen beim Antrieb. Was die Piloten wirklich leisten, geht in den Debatten meistens unter. Dann kommen stets die Vergleiche mit früher. Es stimmt ganz einfach nicht, dass die Rennen in Summe früher spannender waren.“

Es gibt auch Fahrer abseits der Renncockpi­ts, die Schwerarbe­it zu leisten haben – die Trucker des Trosses. Zum ersten Mal gibt es drei Formel-1-Rennen in Folge. Nach dem Rennen in Le Castellet müssen 1000 Tonnen Equipment innerhalb von 48 Stunden abgebaut, transporti­ert und in Spielberg wieder aufgebaut werden. Nach dem Gastspiel in der Steiermark wiederholt sich das Ganze mit Silverston­e. Esteban Ocon vom Team Force India würdige das bevorstehe­nde Monsterpro­gramm der Logistiker und schilderte den Reisestres­s augenzwink­ernd aus Pilotensic­ht: „Als Kind habe ich geträumt, jeden Tag Rennen zu fahren. Dem komme ich jetzt nahe.“

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