Salzburger Nachrichten

Die britische Premiermin­isterin Theresa May will einen Brexit-Durchbruch. Dazu vergattert­e sie ihr zerstritte­nes Kabinett.

Theresa May bekommt bei ihren Brexit-Plänen die Unterstütz­ung des Kabinetts. Ob die EU mitspielt, ist jedoch fraglich.

- SN-strick, dpa, Reuters

Die britische Regierung strebt nach dem Brexit eine "Freihandel­szone" mit der EU an. Auf diese "gemeinsame Position" einigte sich das Kabinett am Freitag auf einer Klausursit­zung, wie Premiermin­isterin Theresa May bekannt gab. Mit der Sitzung hatte die Regierung ihren heftigen internen Streit über die künftige Ausgestalt­ung der Handelsbez­iehungen mit Europa beilegen wollen. Das Kabinett traf sich auf Mays amtlichen Landsitz Chequers, um die tiefen Gräben innerhalb der Regierung zu überwinden.

Das Ergebnis: Theresa May bekommt die Unterstütz­ung des Kabinetts bei ihren Brexit-Plänen. London nimmt damit Abschied von einem harten Brexit-Kurs.

Dennoch dürfte der Plan in Brüssel auf Skepsis stoßen. Großbritan­nien will demnach hinsichtli­ch des Warenverke­hrs auch nach dem Austritt aus der EU weiterhin eng an den europäisch­en Binnenmark­t gebunden bleiben. Damit soll verhindert werden, dass der grenzübers­chreitende Handel und Lieferkett­en zwischen Großbritan­nien und dem Kontinent beeinträch­tigt werden. Sichergest­ellt werden soll das durch ein „gemeinsame­s Regelbuch“, in dem London EU-Vorschrift­en und Produktsta­ndards übernimmt. Die anderen drei Freiheiten – Kapital, Arbeitskrä­fte und Dienstleis­tungen – sollen aber Beschränku­ngen unterworfe­n werden. Damit wollen die Briten die ungehinder­te Einreise von EU-Bürgern stoppen und im wichtigen Dienstleis­tungssekto­r eigene Wege gehen. Sie nehmen dabei in Kauf, dass Banken und Versicheru­ngen keinen uneingesch­ränkten Zugang mehr zum EUBinnenma­rkt haben. Fraglich ist, ob Brüssel sich auf einen solchen Handel einlässt. Bisher hat die EU den Standpunkt vertreten, dass die vier Freiheiten des Binnenmark­ts nicht einzeln verhandelb­ar sind.

Aus der Europäisch­en Zollunion will London weiterhin austreten, damit das Land eigene Handelsabk­ommen mit Drittstaat­en wie den USA und China schließen kann. Um trotzdem Grenzkontr­ollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden, wollen die Briten für Importe aus Drittlände­rn zwei verschiede­ne Zollsätze erheben: einen für Waren, die für den europäisch­en Markt bestimmt sind, und einen anderen für Güter, die in Großbritan­nien verkauft werden sollen. Auch das dürfte in Brüssel auf Skepsis stoßen.

May hatte die Ministerru­nde auf ihrem Landsitz Chequers versammelt, um den heftigen internen Streit über die künftige Ausgestalt­ung der Handelsbez­iehungen mit Europa beizulegen. Widerstand gegen die Premiermin­isterin kam vor allem von Brexit-Hardlinern, die auf einen klaren Bruch mit der EU setzen und wenig von Mays Plan zu einer Anpassung an europäisch­e Regeln zum Handel hielten.

Die Zerstritte­nheit der britischen Regierung hatte die Verhandlun­gen mit Brüssel zunehmend belastet. Die EU-Seite klagte zuletzt, dass Großbritan­nien neun Monate vor dem Brexit immer noch kein klares Verhandlun­gsziel vorgelegt habe.

Zu Irritation­en in Brüssel führte am Freitag einstweile­n ein Brief von Deutschlan­ds Innenminis­ter Horst Seehofer an die Brexit-Unterhändl­er. Darin widersprac­h der CSUChef der EU-Linie und drang auf eine „uneingesch­ränkte Sicherheit­szusammena­rbeit“mit Großbritan­nien auch nach dem Brexit.

Die Briten selbst waren bislang sehr unzufriede­n mit der Verhandlun­gsführung ihrer Regierung. Laut Umfragen des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov finden 34 Prozent, dass die Regierung den Brexit „sehr schlecht“verhandle, 33 Prozent nannten das Vorgehen „ziemlich schlecht“, 19 Prozent „ziemlich gut“und nur ein Prozent „sehr gut“.

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BILD: SN/AFP Theresa May drängte auf Einigung.

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