Salzburger Nachrichten

Plädoyer für ein Bau-Moratorium

In der Stadt wächst das Misstrauen gegenüber Bauprojekt­en. Das darf niemanden wundern nach den Erfahrunge­n in der Riedenburg. Es ist Zeit für eine Nachdenkpa­use.

- VIA KONKRET Sylvia Wörgetter

Es ist nicht mehr die Angelegenh­eit eines einzigen Stadtteils allein: Die Wohnsiedlu­ng auf dem Kasernenar­eal in der Riedenburg lässt kaum jemanden in der Landeshaup­tstadt kalt. Es herrscht Verwunderu­ng bis Empörung darüber, wie es jetzt dort ausschaut. Nicht nur den zuständige­n Planungsst­adtrat Johann Padutsch (BL) hat es beim Anblick der bunten Würfel „gerissen“.

Zu hoch, zu dicht, zu hässlich: So lautet die Kritik – an der Verbauung in der Riedenburg ebenso wie an früheren Projekten.

Es ist also kein Wunder, dass Bürger weiteren Großprojek­ten mit Argwohn gegenübers­tehen. In Gneis hat sich Widerstand gegen den Neubau von 250 bis 280 Wohnungen an der Berchtesga­dner Straße formiert. Mit Protesten ist auch an der Moosstraße zu rechnen.

Dort sollen, wie diese Woche bekannt wurde, Teile der Lanserhofs­iedlung durch Neubauten ersetzt werden und zusätzlich 183 neue Mietwohnun­gen gebaut werden. Wobei im Masterplan für ein Objekt zunächst sogar an einen zehngescho­ßigen Turm gedacht war. Was Stadtrat Padutsch „entspannt“sieht, wie er sagte, weil höher gebaut werden müsse, wenn dies fachlich vertretbar sei.

Über allem steht bei den strittigen Projekten nämlich das Dogma der Verdichtun­g. Die Wohnungsno­t sei groß, die zur Verfügung stehende Fläche gering, das Grünland unantastba­r. Also müsse man so dicht und so hoch wie möglich bauen. Dieser Glaubenssa­tz scheint in Beton gegossen und wird selbst von ansonsten kritischen Zeitgenoss­en nachgebete­t.

Hinterfrag­en wir ihn dennoch. Gibt es die Wohnungsno­t in der Form, in der sie gemeinhin dargestell­t wird?

Im Jahrzehnt zwischen 2008 und 2017 entstanden laut Landesstat­istik in der Stadt im Schnitt jedes Jahr 700 Wohnungen. Die Bevölkerun­g wuchs in demselben Zeitraum aber nur um durchschni­ttlich 550 Menschen pro Jahr. Und da ist die Flüchtling­swelle der Jahre 2015 und 2016 schon eingerechn­et.

Das heißt: Würde in jeder neu verfügbare­n Wohnung nur ein einziger Mensch wohnen, hätte Salzburg einen Überschuss von 150 Wohnungen pro Jahr.

Gleichzeit­ig waren beim städtische­n Wohnungsam­t aber stets mehr als 3000 Menschen

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WWW.SN.AT/WIZANY Nicht ganz dicht …
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