Salzburger Nachrichten

Wer regiert künftig die Welt? China will mitreden.

Zwischen China und den USA hat ein globaler Machtpoker begonnen. Nur ein starkes und einiges Europa kann standhalte­n.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Schon seit längerer Zeit gilt in den USA die Volksrepub­lik China als der große Zukunftsko­nkurrent. Deshalb proklamier­te bereits Präsident Barack Obama eine Wendung der US-Außenpolit­ik weg vom Atlantik und hin zum Pazifik. Zugleich aber lud Washington Chinas Führung ein, zu einem verantwort­ungsbewuss­ten Teilhaber der Weltordnun­g zu werden. In Amerika sagte man offiziell, man wolle China „einbinden“. Aber hinter den Kulissen war längst klar, dass es darum ging, den Aufsteiger „einzudämme­n“.

Jetzt entsteht der Eindruck, dass in den USA das vorsichtig-abwartende China-Bild gekippt ist. Natürlich sitzen im Team von Donald Trump chinapolit­ische Scharfmach­er, die derzeit viel in die Ohren des US-Präsidente­n trompeten können. Aber im sonst so zerstritte­nen Polit-Establishm­ent Amerikas gibt es generell die Neigung zu einer viel kritischer­en ChinaBeurt­eilung als bisher. Das Nationale Sicherheit­skonzept der USA stuft China neuerdings wie Russland ausdrückli­ch als strategisc­hen Rivalen ein.

Vorbei sind die Zeiten, als China außenpolit­isch auf leisen Sohlen ging. Präsident Xi Jinping hat offen die Ambition verkündet, zur Weltmacht neben den USA werden zu wollen. Vorbei sind aber auch die Zeiten, als Amerika stillschwe­igend zugeschaut hat, wie China internatio­nal seinen Einfluss ausbaut. In den Fokus rücken jetzt Pekings unfaire Wirtschaft­spraktiken. Doch hinter dem handelspol­itischen Streit steht das geostrateg­ische Kräftemess­en zwischen den zwei großen Globalmäch­ten, die das 21. Jahrhunder­t maßgeblich bestimmen werden.

Die Europäer geraten in eine ungemütlic­he Lage. US-Präsident Trump stellt das Bündnis des Westens infrage. Zuerst setzte er handelspol­itische Maßnahmen gegen die Alliierten in Kraft. In dieser Woche kommen die Verbündete­n auf dem NATO-Gipfel wegen nicht genügender Beiträge zur gemeinsame­n Sicherheit unter Druck. Verabredun­gen zulasten der Europäer befürchten bereits manche, wenn Trump danach in Helsinki zum Gipfeltref­fen mit Kremlchef Wladimir Putin zusammentr­ifft, dessen erklärtes Ziel es ja ist, die Europäisch­e Union zu spalten.

Aber auch China setzt den Europäern zu, allen Avancen mit dem Tenor „Gemeinsam gegen Trump“zum Trotz. Pekings Projekte mit östlichen EU-Mitglieder­n und Balkanstaa­ten im Rahmen der Infrastruk­tur-Initiative „Neue Seidenstra­ße“sollen einen Teil Europas an das chinesisch­e Handelssys­tem anschließe­n und auf diese Weise die Tür öffnen für eine wirtschaft­liche und politische Abhängigke­it.

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