Wie Österreichs Regierung das Asylrecht ändern will
Kein EU-Antrag auf europäischem Boden, Verkürzung der Beschwerdefristen, „klare Trennung“von Arbeitsmigration und Asyl.
Österreich will das Recht, Asylanträge zu stellen, mit wenigen Ausnahmen gänzlich vom Territorium der EU verbannen. Bei einem Treffen von EU-Vertretern auf Beamtenebene präsentierte das österreichische Mitglied des EU-Sicherheitsgremiums Cosi den Teilnehmern aller EU-Staaten ein Papier des Innenministeriums, in dem ein neues Schutzsystem gefordert wird. Dieses beinhaltet die Forderung, dass „kein Asylantrag mehr auf europäischem Boden gestellt werden“könne. Lediglich in den „Hotspots“außerhalb der Union sollen Schutzbedürftige ausgewählt und in EU-Staaten gebracht werden – aber nur so viele, wie die Aufnahmeländer zulassen. Dies berichtet das „Profil“. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal bestätigte die Existenz des Papiers. In dem Papier wird weiters verlangt, dass nur Asyl bekommen solle, wer „die Werte der EU, ihre Grundrechte und Grundfreiheiten“respektiere – ein Kriterium, das in europäischen Asylverfahren gemäß der Flüchtlingskonvention aber keinen Niederschlag findet.
Das Papier entspricht der bisherigen Haltung der österreichischen Regierung. Bereits im April hatte das Kanzleramt bestätigt, dass Österreich für ein „Asylzentrum außerhalb der EU“eintrete. Noch deutlicher wurde damals Innenminister Herbert Kickl: Er forderte, dass keine Asylanträge mehr in Europa gestellt werden dürfen.
Auch die damaligen Aussagen kamen nicht überraschend. Denn in ihrem Regierungspakt, das ÖVP und FPÖ im Dezember vergangenen Jahres unterzeichnet haben, treten die Regierungsparteien für einen grundlegenden Umbau des Asylwesens ein, beziehungsweise, wie es auf Seite 34 des Koalitionsprogramms heißt, für eine „Neukodifizierung des gesamten Asyl- und Fremdenrechts“. Inhaltlich will die Regierung diese Punkte umsetzen: eine Verkürzung der Beschwerdefristen im Asylverfahren; keine aufenthaltsverfestigenden Maßnahmen bis zum Abschluss des Asylverfahrens; eine „klare Trennung“von Arbeitsmigration, EU-Mobilität und Asyl; die „beschleunigte Aberkennung des Schutzstatus bei Heimreisen“(Asylberechtigte, die in die „alte Heimat“, aus der sie geflohen sind, zurückreisen, sollen also den Asylstatus verlieren).
Für einige weitere der im Regierungsprogramm angekündigten Maßnahmen hat die Regierung bereits die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Darunter: das Auslesen von Handydaten, um die Migrationsroute der Asylbewerber nachprüfen zu können; die Abnahme von Bargeld zur Deckung der Grundversorgungskosten; die Erweiterung der Liste sicherer Drittstaaten; eine Reduktion der Geldleistungen für Asylberechtigte (dies ist in der geplanten Mindestsicherungsreform enthalten). Auch der im Regierungsplan genannte Grenzschutz gehört zum politischen Repertoire der Regierung, ebenso die „Verhinderung von Sekundärmigration“(also die Einreise von Personen, die bereits anderswo registriert sind beziehungsweise anderswo einen Asylantrag gestellt haben).
Weitere Vorhaben des Koalitionspakts („Asyl auf Zeit“; „konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber“; „konsequente Verhinderung von Asylmissbrauch“) sind geltendes Recht. Sie werden aber oftmals nicht umgesetzt.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen setzte am Sonntag in einem APA-Interview andere Akzente als die Bundesregierung. „Momentan machen mir die Klimakrise und der drohende Zoll- und Handelskrieg mit den USA deutlich mehr Sorgen“, sagte der Bundespräsident. Und er warnte vor einem Zerfall der EU: „Wollen wir weitermachen wie bisher und zusehen, wie die EU und damit Österreich auf der Weltbühne an Bedeutung verlieren?“