Trumps Gipfel-Jubel war voreilig
Nordkorea hat den Aussichten auf eine nukleare Entwaffnung einen Dämpfer verpasst. Was das Regime in Pjöngjang nach den Gesprächen mit US-Außenminister Mike Pompeo verlautbart hat, kommt einer Brüskierung gleich.
„Die Welt wird sehen, dass wir in Nordkorea unsere Ziele durchsetzen.“
Donald Trumps Chef-Diplomat frohlockte zum Abschluss seiner Verhandlungen in Pjöngjang, es seien „bei fast allen zentralen Themen Fortschritte erzielt worden“. Der frühere Geheimdienstchef Kim Yong Chol, der für die nordkoreanische Regierung die Gespräche führte, nahm das offenbar grundlegend anders wahr. USAußenminister Mike Pompeo saß schon im Flugzeug, da veröffentlichte die nordkoreanische Staatsagentur KCNA eine geharnischte Stellungnahme.
Das gewöhnlich wortkarge Regime nannte die Verhandlungstaktik der Amerikaner in einer 1200 Worte langen Erklärung „tief bedauerlich“. Das Regime in Pjöngjang lässt in seiner Erklärung keinen Zweifel daran, dass das Gipfeltreffen zwischen Präsident Trump und Machthaber Kim Jong Un von Singapur nicht mehr als der Beginn eines langen Verhandlungsprozesses gewesen ist.
Die USA versuchten, mit ihrer Forderung nach einer umfassenden, verifizierbaren und irreversiblen nuklearen Abrüstung, Druck aufzubauen, hieß es jetzt in Pjöngjang. Dies habe eine „gefährliche Phase“eingeleitet, in der „unser Wille zur nuklearen Abrüstung erschüttert werden könnte“.
Nach Gesprächen mit der japanischen Regierung in Tokio feuerte Trumps Außenminister dann aber zurück. Seine Reaktion: Wenn es wahr wäre, was Nordkorea sagte, „ist die ganze Welt ein Gangster“. Der Weltsicherheitsrat in New York habe einstimmig beschlossen, was erreicht werden müsse.
Pompeo beharrte darauf, dass Washington bei den Sanktionen keinerlei Zugeständnisse machen werde, bevor in Nordkorea das Ziel einer nuklearen Abrüstung und der Beendigung des ballistischen Raketenprogramms erreicht sei. „Die Welt wird sehen, dass die Vereinigten Staaten dies in den kommenden Wochen durchsetzen“, versicherte der US-Außenminister.
Experten weisen darauf hin, dass dies nach Trumps voreiligem Jubel nicht mehr so einfach sein dürfte. Unmittelbar nach dem Treffen mit Kim Jong Un am 12. Juni hatte der US-Präsident erklärt: „Von Nordkorea geht keine nukleare Gefahr mehr aus.“Alle könnten nun „wieder ruhig schlafen“.
China nahm das zum Anlass, seine Sanktionen gegenüber Nordkorea zu lockern. Da 90 Prozent aller Waren über die Volksrepublik nach Nordkorea gelangen, bleibt es für den Aufbau von „maximalem Druck“(so die US-Regierung) entscheidend, dass Peking die Grenzen dicht hält. Doch danach sieht es immer weniger aus, seit Trump einen Handelskrieg mit Peking vom Zaun gebrochen hat.
Joel Wit, der als Unterhändler des Nuklearabkommens von 1994 Erfahrung mit den Taktiken des Regimes hat, sagt, die Pompeo-Reise habe Klarheit über die Sicht Nordkoreas zu den Gipfel-Ergebnissen von Singapur gebracht. Die Nordkoreaner „sehen das unzweifelhaft als erste Stufe eines Schritt-für-SchrittProzesses“. Wobei die nukleare Entwaffnung am Ende nur infrage komme, wenn die Bedingungen Nordkoreas erfüllt seien. „Es war eine Fantasie zu glauben, dies ließe sich über Nacht erreichen.“