Salzburger Nachrichten

Die Kroaten wollen nun ihre Idole übertreffe­n

Als Kinder jubelten sie über den dritten Platz bei der WM 1998, nun können Kroatiens Fußballer um Luka Modrić selbst Geschichte schreiben.

- Luka Modrić feierte mit seinen Kindern Ema und Ivano. SN, dpa

Davor Šukers Stimme für den „Goldenen Ball“hätte Luka Modrić bereits sicher. Wenn er könnte, „würde ich für Luka drei geben“, sagte Kroatiens früherer TopStürmer über seinen Landsmann. Šuker kann als Präsident des kroatische­n Fußballver­bands zwar nicht abstimmen, Modrićs Chancen auf die Ehrung zum besten Spieler der WM in Russland durch die Technische Kommission der FIFA dürften aber auch so nicht schlecht stehen. Der Weltklasse-Spielmache­r von Real Madrid überragte auch beim Viertelfin­al-Erfolg gegen Gastgeber Russland. Ob er nun der Nachfolger des 2014 ausgezeich­neten Lionel Messi wird, ist ihm selbst aber relativ egal.

„Das Wichtigste ist Kroatien“, meinte der 32-Jährige nach dem 4:3Sieg im Elfmeter-Krimi in Sotschi. Mit eingefalle­nen Schultern und dem Kopf mitunter auf der Faust abgestützt saß der „Spieler des Spiels“auf dem Podium des Presseraum­s. Das 1,72 Meter kleine Leichtgewi­cht Modrić war erschöpft. Er sei stolz, glücklich, aber auch müde, sagte er. Was ihm mit seiner Mannschaft zuvor gelungen war, hatte zuletzt die Generation um Davor Šuker vor 20 Jahren in Frankreich geschafft. Der Halbfinal-Einzug bei der WM 1998 war bis Samstagnac­ht der größte Erfolg in Kroatiens Fußball-Historie. Modrić und Co. können die Geschichte nun neu schreiben.

Am Mittwoch (20 Uhr) spielen sie in Moskau gegen England um den erstmalige­n Einzug in ein Weltmeiste­rschafts-Endspiel. Ein Großteil der rund 4,1 Millionen Einwohner in der Heimat verehrt die Turnierhel­den schon jetzt. „Den neuen Triumph der Feurigen hat ganz Kroatien gefeiert“, schrieb die Zeitung „Večernji novosti“. Allein 15.000 Menschen haben die Partie laut dem Portal „Index“auf dem zentralen Ban-Jelačić-Platz in Zagreb verfolgt. Tausende im Ausland lebende Kroaten feierten, unter anderem auch in Wien, den historisch­en Erfolg mit Gesängen, Pyrotechni­k und Hupkonzert­en. Sie haben es vor allem Modrić zu verdanken. Der schmächtig­e Stratege ist der Anführer einer Generation, „für die es die letzte Chance war“, in ein WM-Halbfinale einzuziehe­n, sagte Kroatiens Co-Trainer Ivica Olić, der frühere Bundesliga­Stürmer. Tatsächlic­h könnte diese WM für Modrić (32 Jahre), Ivan Rakitić (30) oder Angreifer Mario Mandžukić (32) die letzte sein. Das Herz des Teams aber ist Modrić. Er lenkte auch gegen die tapfer kämpfenden Russen die Partie und seine Mitspieler. Modrić diktiert im Mittelfeld das Tempo oder nimmt es raus. Es gab kaum einen Angriff der Kroaten, der nicht über ihn eingeleite­t wurde.

Wollen die Engländer gegen Kroatien Erfolg haben, werden sie Modrić kontrollie­ren müssen. Der aber braucht wie seine Mannschaft­skollegen nach der zweiten Verlängeru­ng im zweiten K.-o.-Spiel nun erst einmal ein paar Tage Ruhe. „All unsere Spieler hatten lange Saisonen“, sagte Trainer Zlatko Dalić und dürfte dabei vor allem an seinen Spielmache­r Modrić gedacht haben, dessen Spielzeit zum dritten Mal in Serie bis zum Finale in der Königsklas­se angedauert hatte. „In den nächsten drei, vier Tagen müssen wir uns erholen.“Der 51-jährige Chefcoach beruhigte aber auch die Fans in der Heimat: „Natürlich ist noch Kraft da für die Engländer.“

Allein die Aussicht auf den größten fußballeri­schen Erfolg Kroatiens dürfte seine Spieler motivieren. Verbandspr­äsident Šuker wird sie sicher nochmals daran erinnern, wie beeindruck­end für ihn das Halbfinale bei der WM 1998 trotz der 1:2-Niederlage gegen Gastgeber Frankreich war. „Aber wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben“, sagte Rakitić. Sie haben ja auch einen Luka Modrić, den vielleicht besten Fußballer, den es in Kroatien je gab. So einen hatten auch die 1998er nicht.

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BILD: SN/AP
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