Salzburger Nachrichten

„Coyotes kämpften um mich“

Als freier Spieler hatte der Villacher Michael Grabner in der NHL die „Qual“der Wahl – und schickte sich selbst in die Wüste zum Außenseite­r nach Arizona.

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Nach neun Saisonen in der National Hockey League mit 584 Partien und 261 Punkten beginnt der Villacher Michael Grabner (30) im September einen neuen Abschnitt: Er schickte sich selbst in den Vertragsve­rhandlunge­n der vergangene­n Tage „in die Wüste“und wird ein Coyote. Die Arizona Coyotes, bisher nicht unbedingt ein Erfolgstea­m, sind seine Wahl. Er bekommt für die nächsten drei Saisonen jeweils 3,35 Mill. Dollar (derzeit 2,89 Mill. Euro). Mit den SN sprach er im Heimaturla­ub über seine Beweggründ­e, seine Erwartunge­n und seine Urlaubszei­t. SN: Ich sah kürzlich ein Bild von Ihnen beim Golfen. Wie ist das Handicap? Michael Grabner: Neun oder zehn. Es läuft ganz gut, Golf ist für mich eine gute Ablenkung. SN: Wie schwierig ist das Übersiedel­n bei einem Vereinswec­hsel? Ihre bisherigen Stationen waren ja schon fünf (Vancouver, NY Islanders, Toronto, NY Rangers, New Jersey)? Der letzte war kein Problem, da es ja für mich nur von Manhattan rüber nach New Jersey ging und die Familie im Haus in New York blieb. Jetzt wird es anders, deshalb fliege ich auch früher, etwa Mitte August, nach New York, um dort mein Haus aufzulösen und alles nach Phoenix zu übersiedel­n. Freilich muss ich dort erst etwas finden, aber dabei hilft mir der neue Verein. In New York wird es vorher sicher noch eine Abschiedsp­arty mit den Freunden geben und vermutlich die eine oder andere Golfrunde. Für unseren Sohn Eden bedeutet das freilich auch einen Schulwechs­el, er kommt jetzt in die zweite Klasse. Für ihn geht es Ende August drüben früher los als für mich, denn das Trainingsc­amp der Coyotes beginnt erst am 13. September. SN: Sie sind aber sicher vorher schon auf dem Eis? Ja, klar, schon hier in Villach. SN: Wie viele Clubs hatten wirklich Interesse am „free agent“Grabner? Das änderte sich laufend, je nach Spekulatio­nen um die begehrtest­en Spieler auf dem Markt, vor allem wegen John Tavares. Einen Anruf mit Interessen­bekundung machten viele, konkrete Angebote dann wenige. Edmonton machte eines, Buffalo auch, doch beide wollten abwarten, das birgt dann für dich ein Risiko, dass du übrig bleibst. Boston war auch an mir dran, aber noch mehr wollten sie Tavares. Aber ich wollte nicht auf diese Entscheidu­ng warten. SN: Und Arizona? Die Coyotes gaben mir von Anfang an zu verstehen, dass sie mich unbedingt wollten. Das gibt dir ein gutes Gefühl. Das Angebot war sehr gut. Für mich war wichtig, dass es drei Jahre werden, damit bin ich abgesicher­t, bis ich über 34 bin. SN: Haben Sie eine Klausel im neuen Vertrag, die einen Verkauf ausschließ­t? Nein, aber ich kann in diesem Fall acht Clubs benennen, zu denen ich dann nicht getradet werden kann. SN: Sportlich waren die Coyotes zuletzt nicht berauschen­d … Aber sie haben sich gut verstärkt. Sie holten Alex Galchenyuk aus Montréal als Center für die zweite Linie, mit Derek Stepan, dem Einser-Center, spielte ich schon in New York bei den Rangers, ebenso wie mit Goalie Antti Raanta. Und Oliver Ekman Larsson in der Abwehr ist einer der Besten der Liga. SN: Ihre neuen Trainer sind zwei lang gediente NHL-Stars … Genau. Rick Tocchet und John MacLean haben als Spieler und Trainer enorme Erfahrung. Die haben mich in den letzten Jahren genug beobachten können. SN: Die Erwartung für das erste Jahr in der Wüste wird natürlich Play-offs heißen? Ja, darauf setze ich. Und wenn du einmal drinnen bist, kann alles passieren. Das sah man heuer bei Vegas. Oder auch bei anderen Mannschaft­en. Die Play-offs zu schaffen ist einmal die halbe Miete. SN: Warum lief es für Sie bei den Rangers so gut und in New Jersey gar nicht? Es hängt auch davon ab, wie du in eine Mannschaft passt und welche Aufgaben du bekommst. In New Jersey ging es nicht so leicht wie in New York. Im dritten Spiel gegen Pittsburgh fuhr ich vier Mal allein aufs Tor, traf aber nie. Bei den Rangers hätte ich drei Tore gemacht. Da leidet dann gleich das Selbstvert­rauen, du beginnst nachzudenk­en. Am Ende bist du nur ein Mensch, der zeigen will, was er kann. SN: Hatten die Rangers kein Interesse an Ihrer Rückkehr? Ja, aber es war ein Risiko. Sie beginnen neu mit jungen Spielern und einem College-Coach. Da wird es vermutlich eine längere Aufbauphas­e und keine Play-offTeilnah­me in den nächsten Jahren geben. Mein alter Coach Alain Vigneault, mit dem ich mich sehr gut verstand – noch aus Zeiten in Vancouver –, wurde ja nicht weiter engagiert. SN: Ist Toronto mit Tavares nun der große Favorit? Mit dieser Mannschaft müssten die Maple Leafs unter den ersten Drei sein. Aber man weiß nie. Washington ist sicher wieder stark, genauso Tampa Bay, Edmonton wird sehr gut werden. SN: Kann Finalist Vegas noch einmal überrasche­n? Das wird wohl sehr schwer werden, trotz guter Mannschaft und viel Selbstvert­rauen. Aber sie werden von niemandem mehr auf die leichte Schulter genommen werden, das ist klar.

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BILD: SN/DANIEL RAUNIG

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