Salzburger Nachrichten

Das Kopftuch als Kampfzone

Geld oder Kopftuch: Der Bund will heute in Verhandlun­gen mit den Ländern ein Verbot der religiösen Kopfverhül­lung im Kindergart­en erreichen.

- A.k.

Für Salzburgs Vizebürger­meisterin Anja Hagenauer, SPÖ, ist das Problem so groß, dass sie im vergangene­n Herbst einen Brief an die pädagogisc­hen Leiterinne­n der städtische­n Kindergärt­en schrieb: „Besonders wichtig ist es mir, dass Kinder Kind sein dürfen. Darum ist jegliche Form, die Kinder sexualisie­rt, im städtische­n Kindergart­en nicht erwünscht. Dazu gehören insbesonde­re verhüllend­e Kopftücher“, schrieb die rote Politikeri­n.

Für SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher hingegen ist das Problem so klein, dass er der Bundesregi­erung, die auf ein Kopftuchve­rbot im Kindergart­en drängt, ein „Ablenkungs­manöver“vorwirft – „durchschau­bar wie Neymars Schwalbens­how“, wie der SPÖ-Geschäftsf­ührer unter Anspielung auf den oftmals fallenden brasiliani­schen Fußballsta­r hinzufügte. Wobei selbst Lercher in seiner Aussendung einräumt, dass es Kopftücher im Kindergart­en gibt. Wenngleich das Problem nur „vielleicht 50 Mädchen in Österreich“betreffe.

Ablenkungs­manöver oder nicht, die Regierung erhöht jetzt das Tempo. Heute, Freitag, werden Bund und Länder auf Beamtenebe­ne über eine Bund-Länder-Vereinbaru­ng über die Elementarp­ädagogik verhandeln. Dabei geht es nicht nur um das Geld für die Kinderbetr­euung, sondern: „Das Thema Kopftuch im Kindergart­en wird Teil der Gespräche sein“, erfuhren die SN im Bildungsmi­nisterium. Das Kopftuchve­rbot für Kinder in Volksschul­en und Kindergärt­en war von der Regierung im Frühjahr angekündig­t worden, wurde aber noch nicht umgesetzt. Die Verzögerun­g hat nicht zuletzt Kompetenzg­ründe. Für die Volksschul­en kann der Bund das Verbot verhängen, für die Kindergärt­en sind hingegen die Länder zuständig. Welche bei den heute beginnende­n Verhandlun­gen unter Druck gesetzt werden sollen. Das zusätzlich­e für den Ausbau der Kinderbetr­euung erforderli­che Geld soll es nämlich nur geben, wenn auch das Kopftuchve­rbot kommt, signalisie­rte der Bund. Doch auch der Bund hat noch keinen Entwurf für das Kopftuchve­rbot in den Volksschul­en vorgelegt. Dies vor allem, weil auch Gespräche mit dem Außenund dem Familienmi­nisterium nötig sind. Es könnte aber in den nächsten Tagen so weit sein, erfuhren die SN.

Zuletzt hatte der der freiheitli­che Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache am Sonntag in mehreren Zeitungsin­terviews auf ein Kopftuchve­rbot gedrängt. Es gehe darum, Kinder vor Symbolen und Kleidungss­tücken zu schützen, die einen „negativen Einfluss auf ihre Entwicklun­g im Kindesalte­r haben“, hieß es in Straches Büro.

So sieht es auch Außenminis­terin Karin Kneissl: „Das Kopftuch ist auch ein Symbol für die Unterdrück­ung der Frauen aufgrund patriarcha­lischer und archaische­r Vorstellun­gswelten, die mit einer modernen, offenen und freiheitsl­iebenden Gesellscha­ft nicht vereinbar sind“, sagte die studierte Arabistin am Donnerstag.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Kopftuch? Nicht im Kindergart­en, sagt die Regierung.

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