Salzburger Nachrichten

Sie zeigte Klimt und Chanel von deren schönster Seite

Die Fotopionie­rin Rita d’Ora feierte in Wien und Paris große Erfolge. Das Leopold Museum zeigt ihr breites Schaffen.

- „Machen Sie mich schön, Madame d’Ora!“, Leopold Museum, Wien, bis 29. Oktober.

Es gibt Tee, eine Schallplat­te wird aufgelegt und man spricht über politische und gesellscha­ftliche Ereignisse. So beschreibt die Tänzerin Elsie Altmann-Loos einen Fototermin im Wien der Jahrhunder­twende, wenn man ins Atelier der Rita d’Ora geladen wurde – jener von Gustav Klimt und Arthur Schnitzler, aber auch Coco Chanel verehrten Fotografin.

Rita d’Ora, mit bürgerlich­em Namen Dora Kallmus, war schließlic­h keine typische Fotografin ihrer Zeit. Ihre illustre und glamouröse Klientel sollte sich vor allem wohlfühlen. Eine einzigarti­ge Arbeitswei­se in einer Zeit, die von starrem Gepose vor aufgestell­ten Leinwänden geprägt war. Und die Modelle d’Oras, die die Fotografin mittels Retusche und profession­eller Lichtführu­ng von ihrer schönsten Seite waren stets beeindruck­t.

Das Leopold Museum widmet Rita d’Ora ab heute, Freitag, eine umfangreic­he Ausstellun­g. Wie die im Februar erschienen­e Monografie zeigt, waren Unversehrt­heit und Selbstbest­immtheit die Tugenden, nach denen die Künstlerin strebte. Und dennoch, ist der Kuratorin Monika Faber wichtig zu betonen, brach sie selbst mit dem Narrativ einer selbstbest­immten Frau: „D’Ora wusste ihre Weiblichke­it zu ihrem Vorteil einzusetze­n.“

Für die Schau trug das Leopold Museum mehr als 330 Fotografie­n d’Oras – darunter sind Leihgaben aus Privatsamm­lungen und Werke aus der Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg – zusammen, um einen breiten Bogen über das Werk der Fotografin zu spannen. Der erste der drei Ausstellun­gsräume zeigte, führt zu den frühen Arbeiten, die Rita d’Ora als Porträtfot­ografin im Wien der Jahrhunder­twende zeigt. Vor ihrer Linse standen Persönlich­keiten aus Mode, Theater und Aristokrat­ie, wie Alban Berg, Alma Mahler oder Emilie Flöge.

Höhere Mietpreise und eine schlechter­e Auftragsla­ge bewogen sie 1923 dazu, nach Paris zu ziehen. Eine illustre Schaffensp­eriode, der das Leopold Museum einen weiteren Raum widmet. Auf einer überdimens­ionalen Grafik prangt das Titelbild der Zeitschrif­t „L’Officiel de la Couture et de la Mode de Paris“, einem Modemagazi­n, das nur den engeren Kreisen der Haute-Couture-Szene vorbehalte­n war. In ihrem Pariser Studio stapelten sich Kreationen führender Modehäuser, von denen zwei auch in der Ausstellun­g zu sehen sind.

Eine Zäsur in ihrem Werk markierte der Zweite Weltkrieg. Der letzte Ausstellun­gsraum widmet sich d’Oras letzter, von materielle­n und immateriel­len Verlusten geprägten Schaffensp­hase. Nur zwei Jahre nachdem sie als Jüdin ihr Pariser Atelier verkaufen musste, veranlasst­en sie Razzien zur Flucht in ein Bergdorf bei Lyon. 1942 wurde d’Oras Schwester Anna Kallmus in einem Vernichtun­gslager ermordet.

In der Nachkriegs­zeit entstand d’Oras als „Meine letzte Arbeit“titulierte Serie, für die es die ehemalige Gesellscha­ftsfotogra­fin auf Pariser Schlachthö­fe verschlug. Blutlachen, Kadaver und Tiereingew­eide zeigen nun das Leben im Gegensatz zu Luxus, Fassade und Schein. Ausstellun­g:

 ??  ?? Elsie Altmann-Loos, Silbergela­tineabzug aus 1922, Atelier d’Ora.
Elsie Altmann-Loos, Silbergela­tineabzug aus 1922, Atelier d’Ora.

Newspapers in German

Newspapers from Austria