Sie zeigte Klimt und Chanel von deren schönster Seite
Die Fotopionierin Rita d’Ora feierte in Wien und Paris große Erfolge. Das Leopold Museum zeigt ihr breites Schaffen.
Es gibt Tee, eine Schallplatte wird aufgelegt und man spricht über politische und gesellschaftliche Ereignisse. So beschreibt die Tänzerin Elsie Altmann-Loos einen Fototermin im Wien der Jahrhundertwende, wenn man ins Atelier der Rita d’Ora geladen wurde – jener von Gustav Klimt und Arthur Schnitzler, aber auch Coco Chanel verehrten Fotografin.
Rita d’Ora, mit bürgerlichem Namen Dora Kallmus, war schließlich keine typische Fotografin ihrer Zeit. Ihre illustre und glamouröse Klientel sollte sich vor allem wohlfühlen. Eine einzigartige Arbeitsweise in einer Zeit, die von starrem Gepose vor aufgestellten Leinwänden geprägt war. Und die Modelle d’Oras, die die Fotografin mittels Retusche und professioneller Lichtführung von ihrer schönsten Seite waren stets beeindruckt.
Das Leopold Museum widmet Rita d’Ora ab heute, Freitag, eine umfangreiche Ausstellung. Wie die im Februar erschienene Monografie zeigt, waren Unversehrtheit und Selbstbestimmtheit die Tugenden, nach denen die Künstlerin strebte. Und dennoch, ist der Kuratorin Monika Faber wichtig zu betonen, brach sie selbst mit dem Narrativ einer selbstbestimmten Frau: „D’Ora wusste ihre Weiblichkeit zu ihrem Vorteil einzusetzen.“
Für die Schau trug das Leopold Museum mehr als 330 Fotografien d’Oras – darunter sind Leihgaben aus Privatsammlungen und Werke aus der Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg – zusammen, um einen breiten Bogen über das Werk der Fotografin zu spannen. Der erste der drei Ausstellungsräume zeigte, führt zu den frühen Arbeiten, die Rita d’Ora als Porträtfotografin im Wien der Jahrhundertwende zeigt. Vor ihrer Linse standen Persönlichkeiten aus Mode, Theater und Aristokratie, wie Alban Berg, Alma Mahler oder Emilie Flöge.
Höhere Mietpreise und eine schlechtere Auftragslage bewogen sie 1923 dazu, nach Paris zu ziehen. Eine illustre Schaffensperiode, der das Leopold Museum einen weiteren Raum widmet. Auf einer überdimensionalen Grafik prangt das Titelbild der Zeitschrift „L’Officiel de la Couture et de la Mode de Paris“, einem Modemagazin, das nur den engeren Kreisen der Haute-Couture-Szene vorbehalten war. In ihrem Pariser Studio stapelten sich Kreationen führender Modehäuser, von denen zwei auch in der Ausstellung zu sehen sind.
Eine Zäsur in ihrem Werk markierte der Zweite Weltkrieg. Der letzte Ausstellungsraum widmet sich d’Oras letzter, von materiellen und immateriellen Verlusten geprägten Schaffensphase. Nur zwei Jahre nachdem sie als Jüdin ihr Pariser Atelier verkaufen musste, veranlassten sie Razzien zur Flucht in ein Bergdorf bei Lyon. 1942 wurde d’Oras Schwester Anna Kallmus in einem Vernichtungslager ermordet.
In der Nachkriegszeit entstand d’Oras als „Meine letzte Arbeit“titulierte Serie, für die es die ehemalige Gesellschaftsfotografin auf Pariser Schlachthöfe verschlug. Blutlachen, Kadaver und Tiereingeweide zeigen nun das Leben im Gegensatz zu Luxus, Fassade und Schein. Ausstellung: