Österreich blitzt mit Klage gegen Atomkraftwerk ab
Großbritannien darf dem geplanten Kraftwerk Hinkley Point C weiter Staatsbeihilfen gewähren. Die Bundesregierung überlegt, gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zu berufen.
Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg hat am Donnerstag die von Österreich eingebrachte Klage gegen Staatsbeihilfen für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C in erster Instanz abgewiesen. Die EU-Kommission hatte die britischen Staatsbeihilfen 2014 genehmigt. Großbritannien hat den AKW-Betreibern einen hohen garantierten Einspeisetarif für 35 Jahre zugesagt.
Das Umweltministerium bedauerte das Urteil in einer ersten Reaktion. Eine mögliche Berufung solle nun geprüft werden, hieß es. Mehrere Umweltorganisationen beklagten ebenfalls die Entscheidung. Manche von ihnen sahen insbesondere den Euratom-Vertrag aus dem Jahr 1957 als Hauptgrund für das Urteil und forderten eine Reform. Atomgegner wie der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) befürchten, dass das Urteil einen Präzedenzfall für andere Atomprojekte in Europa bilden könnte – auch in späteren Jahren, wenn Großbritannien wegen des Brexits gar nicht mehr Teil der EU ist.
Die Vorgeschichte: Im Juli 2015 hatte die damalige rot-schwarze Regierung eine Klage dagegen eingereicht. Darin wurde gefordert, dass die Genehmigung der EU-Kommission für diese Beihilfen für nichtig erklärt werden muss. Verschiedene Mitgliedsstaaten traten dem Rechtsstreit als Streithelfer bei, Luxemburg auf der Seite Österreichs, mehrere Länder, darunter Tschechien, Ungarn, Frankreich oder Großbritannien, zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C.
Der EuGH stellte nun fest, dass das Ziel eines „gemeinsamen“Interesses, das eine Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines gewissen Wirtschaftszweigs rechtfertige, nicht unbedingt im Interesse aller Mitgliedsstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedsstaaten liegen müsse. Auch decke sich das Ziel der Förderung der Kernenergie mit dem Ziel der Euratom-Gemeinschaft, Investitionen im Bereich der Kernenergie zu erleichtern. Da Großbritannien nur Zuschüsse gewährt habe, sei auch keine öffentliche Auftragsvergabe nötig gewesen, urteilte das EuG, das erstinstanzliche Gericht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Außerdem ergebe sich aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Union (AEUV), dass jeder Mitgliedsstaat das Recht habe, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen. Zu dem Vorbringen Österreichs, die Technologie des Kernkraftwerks Hinkley Point C sei nicht neuartig, stellte das Gericht fest, dass weder die Vorschriften über staatliche Beihilfen noch der EuratomVertrag eine technische Innovation verlangen würden. Jedenfalls stehe fest, dass die Technologie des Kernkraftwerks Hinkley Point C fortschrittlicher sei als die der Kernkraftwerke, die es ersetzen soll.
Mittlerweile könnte sich der Start des AKW laut Medienberichten sogar bis 2027 verschieben, da mit dem Beginn des eigentlichen Reaktorbaus erst 2019 gerechnet wird.