Die Anbetung von Fußballern ist nicht neu
Durch soziale Medien wurde der Starkult im Fußball zum Phänomen der Massen. Läuft hier alles aus dem Ruder?
Um Fußballer von Welt, wie Frankreichs Paul Pogba, wird ein Starkult betrieben, der seinesgleichen sucht. Selbst in der Glitzerwelt von Rock, Pop und Hollywood schauen sie neidisch auf die Kicker. Brillanten im Ohr, Holzfiguren neben dem Bett, die das eigenes Ebenbild darstellen, 3,40 Meter hohe Statuen von sich selbst und ein Frisurentheater, das nicht einmal mehr eine Oscarverleihung auf den roten Teppich zaubern kann. Das ist Fußball 2018.
Volksschulbuben schwärmen von Villen mit 15 Schlafzimmern, Pferdekoppel und Schwimmbad, weil ihre dribbelnden Helden mitunter in solchen Palästen wohnen. Mädchen und Frauen kennen jedes Tattoo ihrer Herzensspieler, die darunter liegenden Muskeln sowieso. Wechselt ein Spieler sein Arbeitsgerät, sprich die Schuhe, klicken das zig Millionen Menschen auf sozialen Medien an.
Alles aus dem Ruder gelaufen? Sicher haben Instagram und Co. den Starkult zu einem Massenphänomen gemacht. Damit sind auch die Summen, die mit diesem Kult verdient werden, ins Astronomische gestiegen. Aber neu ist die Anbetung von Fußballern und ihre Sexualisierung nicht.
Als Jugendliche habe ich mehr Zeit auf Fußballplätzen verbracht als anderswo. Und, ich gebe es zu, die Spiele waren nicht das Hauptthema. Es waren die Spieler, die wir Schulfreundinnen angehimmelt haben, über die wir alles zu wissen glaubten. Quasi nebenbei haben wir auch einiges über Fußball und seine Gesetze gelernt. Außerdem hatte ein Fußballplatz in früheren Zeiten für Eltern junger Mädchen etwas Beruhigenderes als ein Treffen von Freundinnen in der Kleinstadt. – Übrigens eine völlige Fehleinschätzung.
Starkult im Fußball hat es auch schon zu Hansi Müllers Zeiten gegeben. Der Deutsche schaffte es Ende der Siebzigerjahre als junger Profi mehrmals aufs Titelbild der „Bravo“. Er wurde damit zum ersten Teenie-Idol des deutschen Fußballs. In einem Interview meinte er unlängst, wenn sich 20 Prozent der Fanpost aufs Thema Fußball bezogen hatten, sei er schon froh gewesen. Beim Rest ging es um sein Aussehen.
Wissenschafter behaupten, dass das StarAnhimmel-Syndrom (Celebrity Worship Syndrome) sogar gesundheitsschädlich werden könnte. Ein pragmatischerer Zugang macht es einfacher: Wen das Getöse um den fetten Goldschmuck eines Spielers nervt, kann sich ja an Fußballer wie Kylian Mbappé halten. Der gibt sich abseits seiner fußballerischen Kunst so normal, dass er wie ein Gegenpol zu den Glitzerhelden auf dem Rasen wirkt.
Mir hat die jugendliche Fußballer-Anhimmelei übrigens nicht geschadet. Mit dem gesammelten Know-how wurden die Fußballjahre des eigenen Kindes gut bewältigt und sogar die Qualifikation für eine Frauenkolumne zur Fußball-WM 2018 geschafft!