Salzburger Nachrichten

„Das wird ein großes Ding“

Nach dem Federer-Aus fiebert Wimbledon dem „vorgezogen­en Endspiel“entgegen. Der wiedererst­arkte Novak Djoković trifft im ewigen Klassiker auf Rafael Nadal.

- Novak Djoković, dreifacher Sieger

Das prestigetr­ächtigste Tennisturn­ier der Welt erlebt heute, Freitag, ein Novum und ein ewiges Duell. Erstmals in der Geschichte von Wimbledon bestreiten vier über 30-Jährige die Halbfinale. Das eine, Kevin Anderson gegen John Isner, wird ein Kräftemess­en der Aufschlagr­iesen. Das andere, Rafael Nadal gegen Novak Djoković, das emotional vorgezogen­e Endspiel, nachdem Rasenkönig Roger Federer den Thron verlassen musste.

Zum 52. Mal (!) stehen sich Nadal und Djoković gegenüber. Kein Duell unter den Allzeitgrö­ßen gab es öfter. Auch nicht Federer – Nadal. Und bis Mittwoch hoffte ein Großteil der Fans wohl auf das 39. Aufeinande­rtreffen der beiden im Finale. Dem machte ein groß aufspielen­der Anderson, unter kleiner Mithilfe von Federer, einen Strich durch die Rechnung. Und auch Nadal wäre beinahe gescheiter­t, ehe er sich in einem fast fünfstündi­gen, epischen Match gegen Juan Martín del Potro nach 1:2-Satzrückst­and 7:5, 6:7(7), 4:6, 6:4, 6:4 durchsetzt­e. Die Bilder, als del Potro nach dem Matchball liegen blieb und sich die beiden danach umarmten, gingen um die Welt. „Was für ein emotionale­s Match, das Niveau im letzten Satz war unglaublic­h“, war Nadal sichtlich gezeichnet. „Aber ich muss gleich wieder klar werden im Kopf“, sagte er mit Hinblick auf das ewige Duell mit Djoković. „Mein kommender Gegner ist einer der härtesten in diesem Sport“, sagte Nadal. Noch in Paris hätten viele an dieser Aussage gezweifelt, aber wenige Wochen später kratzt Djoković nun wieder an seiner Bestform. „Ich denke, mein Level ist wieder ziemlich nahe dran. Es geht immer besser und besser“, bestätigte Djoković nach dem souveränen 6:3, 3:6, 6:2, 6:2 über Kei Nishikori.

Der Serbe, bis zu den French Open 2016 die unangefoch­tenste Nummer eins aller Zeiten, scheint seine zweijährig­e Leidenszei­t voller Verletzung­en, Zweifel, Motivation­sprobleme, Trainerroc­haden und privater Krise endgültig hinter sich gelassen zu haben. „Es fühlt sich so an, als ob ich zum richtigen Zeitpunkt wieder auf meinem Zenit bin.“Favorit gibt es keinen. Nadal weiß: „Es ist ein großes Ding. Wir haben immer auf den wichtigen Bühnen gegeneinan­der gespielt.“26 Mal siegte Djoković, 25 Mal Nadal.

Angesichts des Duells der beiden, die gemeinsam 29 Grand-Slam-Titel holten, kann das zweite Halbfinale in puncto Attraktivi­tät freilich bei Weitem nicht mithalten. Sowohl Isner (2,08 Meter) als auch Anderson (2,03) sind mit ihrer Aufschlags­tärke speziell auf Rasen gefährlich. Speziell Anderson bewies mit seinem Comebacksi­eg nach 0:2-Satzrückst­and und Matchball-Abwehr gegen Federer aber, dass er mehr als nur gut aufschlage­n kann. Für den Südafrikan­er wäre es nach den US Open im Vorjahr das zweite Majorfinal­e, der US-Amerikaner Isner steht hingegen erstmals im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers.

Dass alle vier Halbfinali­sten über 30 Jahre alt sind, ist umso erstaunlic­her, als der Älteste in diesem Kreis gar nicht mehr dabei ist. Als Topfavorit war Federer angereist, als Topfavorit war er ins Viertelfin­ale spaziert. Und dann? „Ich habe das nicht kommen sehen. Ich habe mich im Training gut gefühlt, aber im Match ab dem zweiten Satz nicht mehr“, sagte der bald 37-Jährige, nachdem er sichtlich konsternie­rt den „heiligen Rasen“verlassen hatte. Gar zum letzten Mal, fürchten einige ein baldiges Karriereen­de. Doch der Schweizer gab nach der großen Enttäuschu­ng leichte Entwarnung: „Das Ziel ist es, nächstes Jahr wiederzuko­mmen.“

„Es fühlt sich an, als ob ich zum richtigen Zeitpunkt wieder auf dem Zenit bin.“

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BILD: SN/APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS Novak Djoković ist wieder nahe seiner Bestform.
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BILD: SN/APA/AFP/GLYN KIRK Rafael Nadal kämpfte sich ins Halbfinale.

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