Salzburger Nachrichten

EU-Minister wollen „Ordnung schaffen“in der Asylpoliti­k

Eine echte EU-Grenzschut­zpolizei und ein Modellvers­uch für Lager in Nordafrika sind die greifbarst­en Ergebnisse des Innenminis­tertreffen­s in Innsbruck.

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Die Innenminis­ter der 28 EU-Länder sind sich offenbar weitgehend einig über schärfere Maßnahmen gegen illegale Migration in der EU. Oberste Priorität sei, den Grenzschut­z zu verstärken und den Schleppern das Handwerk zu legen, sagte Innenminis­ter Herbert Kickl nach einem Treffen mit seinen Ressortkol­legen in Innsbruck. Das Treffen ist Teil der EU-Ratspräsid­entschaft, die Österreich im zweiten Halbjahr innehat.

Man wolle in der Migrations­politik „Ordnung schaffen“, sagte Kickl. Dazu müsse zwischen Schutzbedü­rftigen und Wirtschaft­smigranten unterschie­den und eine konsequent­e Rückführun­gspolitik umgesetzt werden. „Wir brauchen dringend eine krisenfest­e, nachhaltig­e, bürgernahe Sicherheit­sunion“, sagte Kickl. Nur so werde es gelingen, den Eindruck des Kontrollve­rlusts, der während der Flüchtling­skrise 2015 entstanden sei, zu korrigiere­n.

Die EU-Kommission will im September konkrete Vorschläge für den Aufbau einer echten EU-Grenzschut­zpolizei mit 10.000 Mann un- ter dem Dach von Frontex vorlegen. Kickl deutete an, dass es einen Modellvers­uch mit sogenannte­n Ausschiffu­ngsplattfo­rmen in Nordafrika für Migranten, die aus Seenot gerettet werden, geben könnte.

Im Kampf gegen Binnenmigr­ation soll es nächste Woche wieder Gespräche zwischen Deutschlan­d, Österreich und Italien geben.

Beim Treffen der 28 EU-Innenminis­ter in Innsbruck hat sich bestätigt, was die Staats- und Regierungs­chefs vor zwei Wochen eingeleite­t haben: Die EU will sich stärker gegen illegale Migration abschotten. Es habe einen sehr breiten Konsens gegeben, den Fokus auf den stärkeren Außengrenz­schutz zu legen, sagte Innenminis­ter Herbert Kickl, der turnusmäßi­g den Ratsvorsit­z innehat, nach den Beratungen.

„Große Übereinsti­mmung“ortet Kickl auch für Maßnahmen in Herkunftsu­nd Transitlän­dern sowie für ein System von Anreizen und Sanktionen für Länder, die sich weigern, eigene Staatsbürg­er zurückzune­hmen. „Möglicherw­eise“werde es einen Modellvers­uch für die geplanten Ausschiffu­ngplattfor­men in Nordafrika geben. Welches Land dafür infrage kommen soll, wollte der Innenminis­ter nicht sagen. Bisher gab es von den in Betracht kommenden Staaten nur Absagen für den Aufbau solcher Lager für Flüchtling­e, die im Mittelmeer gerettet wurden.

Die Linie für das Treffen – mit auffällig hoher Polizeiprä­senz – haben Kickl und seine Amtskolleg­en aus Deutschlan­d und Italien, Horst Seehofer und Matteo Salvini, bereits am frühen Morgen vorgegeben. Man habe sich darauf geeinigt, „in Bereichen, in denen viel zu lang Unordnung geherrscht hat, Ordnung zu schaffen“, sagte Kickl nach einem Gespräch der drei. Dies sei „nicht nur eine Kooperatio­n der Willigen, sondern eine Kooperatio­n der Tätigen“. Künftig solle es nicht mehr möglich sein, europäisch­en Boden zu betreten, „wenn man kein Recht auf Schutz hat“.

Seehofer will zunächst die Binnenmigr­ation, also die Praxis, dass in mehreren EU-Ländern um Asyl angesucht wird, abstellen. Dazu braucht er aber Abkommen mit Italien, Griechenla­nd und Österreich für die Rücknahme von registrier­ten Asylbewerb­ern. „Wir wissen alle drei, dass dies noch eine Herkulesau­fgabe ist in der operativen Umsetzung“, sagte Seehofer. Er nehme aber „ein Stück Optimismus“mit.

Vereinbart wurde, dass Mitarbeite­r aller drei Länder am 19. Juli in Wien über Fachfragen reden. Bis Anfang August werde man wissen, ob es solche Abkommen geben werde, sagte Seehofer. Kickl hatte am Vortag bekräftigt, dass Österreich nur Menschen aus Deutschlan­d übernehmen werde, für die es verantwort­lich sei.

Salvini ging auf das Thema nur indirekt ein. „Wenn das große Problem der primären Ankünfte gelöst ist, sind die restlichen Probleme gering“, sagte der Chef der rechtsextr­emen Lega. Italien, Deutschlan­d und Österreich könnten vorangehen, damit in Europa der Minderheit von Flüchtling­en, die wirklich vor Krieg flüchteten, Asyl gewährt werde. Die Ankünfte Tausender anderer müssten dagegen gestoppt werden. Kritik am härteren Asylkurs kam wie so oft von Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn: „Es ist mir bange um ein Europa, das nur auf Außengrenz­schutz setzt.“Es gebe auch 2018 noch verfolgte Menschen.

Aus Sicht von EU-Migrations­kommissar Dimitris Avramopoul­os zeigen die gegenüber 2015 erheblich gesunkenen Flüchtling­szahlen, dass die bisherigen Maßnahmen wirken. „Wir befinden uns nicht mehr in einer Migrations­krise“, sagte er.

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL „Ordnung schaffen“: EU-Einwanderu­ngskomissa­r Dimitris Avramopoul­os, Innenminis­ter Herbert Kickl und sein deutscher Kollege Horst Seehofer.

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