Wenn ein Kasperl dem anderen große Komplimente macht
Der Grundsatz, wonach dem Jupiter erlaubt ist, was einem Ochsen verboten ist, erlebt eine seltsame Umkehrung.
Es ist nicht erst seit seiner Amtseinführung im Jänner 2017 allgemein bekannt, dass der USPräsident kein Freund von sanften Worten ist, dass er Diplomatie für eine Verschwendung von Energie hält und dass er lieber alle Verbündeten der USA verärgert, als ein Mindestmaß an Höflichkeit zu bewahren. In jüngster Zeit hat Donald Trump sich freilich gleich mehrfach selbst übertroffen.
Zunächst unterstellte er der deutschen Bundeskanzlerin, sie habe Deutschland in eine schwerwiegende Abhängigkeit von Russland manövriert. Das von jemandem zu hören, der selbst auch dank der Lügen von Wladimir Putins Internet-Trollen und der Unterstützung von Moskaus Social-Media-Bots überhaupt erst ins Weiße Haus eingezogen ist, wäre beinahe Anlass zu schallendem Gelächter. Trump übersieht offenbar, dass eher die deutsche Opposition von ganz links (Linkspartei) und ganz rechts (AfD) ihre politischen Freunde in Moskau sucht, während Angela Merkel noch immer an der Partnerschaft mit den USA festhält, wie schwer das auch sein mag.
Dann stieß er der britischen Premierministerin Theresa May einen verbalen Dolch in den Rücken. Er verkündete, die Briten dürften nicht auf ein Handelsabkommen mit den USA hoffen, wenn sie nicht den härtest möglichen Brexit durchzögen, um nur ja komplett abgeschottet zu sein von der Europäischen Union. Trump kennt offensichtlich nicht die entsprechenden Zahlen: Die EU ist bei Weitem der wichtigste Handelspartner der Briten, kein noch so wohlgemeintes Handelsabkommen mit den USA könnte London auch nur minimalen Ersatz für das bringen, was das Vereinigte Königreich mit einem harten Brexit verlieren müsste.
Schließlich verkündete der Mann im Brustton der Überzeugung, der gerade zurückgetretene britische Außenminister Boris Johnson wäre ein „großartiger Premierminister“. Man kann nur vermuten, dass Trump in dem eitlen, selbstzentrierten, opportunistischen Boris Johnson einen ebenso idealen Partner sähe wie den Brexit-Propheten Nigel Farage. Dieser hat ja seine Anti-EU-Kampagne mit tatkräftiger Unterstützung aus Moskau durchgezogen – ganz ähnlich wie Trump seinen Wahlkampf.
Die Hoffnung auf einen Premierminister Boris Johnson entspringt der Sehnsucht des USPräsidenten, einen Polit-Clown als Gesprächspartner zu bekommen. Dann säße Trump sozusagen seinem Spiegelbild gegenüber.
„The Donald“gestattet sich also, was er anderen nie durchgehen ließe: Er missinterpretiert die Realität, er schulmeistert die Regierungschefs seiner Verbündeten, er droht und attackiert nicht die Feinde, sondern die Freunde der USA und er mischt sich in deren innere Angelegenheiten ein. Mal sehen, ob er sich heute, Montag, seinem Helfer Putin ebenso ruppig nähert oder mit servilem Bückling.