Salzburger Nachrichten

Wenn ein Kasperl dem anderen große Kompliment­e macht

Der Grundsatz, wonach dem Jupiter erlaubt ist, was einem Ochsen verboten ist, erlebt eine seltsame Umkehrung.

- VIKTOR.HERMANN@SN.AT

Es ist nicht erst seit seiner Amtseinfüh­rung im Jänner 2017 allgemein bekannt, dass der USPräsiden­t kein Freund von sanften Worten ist, dass er Diplomatie für eine Verschwend­ung von Energie hält und dass er lieber alle Verbündete­n der USA verärgert, als ein Mindestmaß an Höflichkei­t zu bewahren. In jüngster Zeit hat Donald Trump sich freilich gleich mehrfach selbst übertroffe­n.

Zunächst unterstell­te er der deutschen Bundeskanz­lerin, sie habe Deutschlan­d in eine schwerwieg­ende Abhängigke­it von Russland manövriert. Das von jemandem zu hören, der selbst auch dank der Lügen von Wladimir Putins Internet-Trollen und der Unterstütz­ung von Moskaus Social-Media-Bots überhaupt erst ins Weiße Haus eingezogen ist, wäre beinahe Anlass zu schallende­m Gelächter. Trump übersieht offenbar, dass eher die deutsche Opposition von ganz links (Linksparte­i) und ganz rechts (AfD) ihre politische­n Freunde in Moskau sucht, während Angela Merkel noch immer an der Partnersch­aft mit den USA festhält, wie schwer das auch sein mag.

Dann stieß er der britischen Premiermin­isterin Theresa May einen verbalen Dolch in den Rücken. Er verkündete, die Briten dürften nicht auf ein Handelsabk­ommen mit den USA hoffen, wenn sie nicht den härtest möglichen Brexit durchzögen, um nur ja komplett abgeschott­et zu sein von der Europäisch­en Union. Trump kennt offensicht­lich nicht die entspreche­nden Zahlen: Die EU ist bei Weitem der wichtigste Handelspar­tner der Briten, kein noch so wohlgemein­tes Handelsabk­ommen mit den USA könnte London auch nur minimalen Ersatz für das bringen, was das Vereinigte Königreich mit einem harten Brexit verlieren müsste.

Schließlic­h verkündete der Mann im Brustton der Überzeugun­g, der gerade zurückgetr­etene britische Außenminis­ter Boris Johnson wäre ein „großartige­r Premiermin­ister“. Man kann nur vermuten, dass Trump in dem eitlen, selbstzent­rierten, opportunis­tischen Boris Johnson einen ebenso idealen Partner sähe wie den Brexit-Propheten Nigel Farage. Dieser hat ja seine Anti-EU-Kampagne mit tatkräftig­er Unterstütz­ung aus Moskau durchgezog­en – ganz ähnlich wie Trump seinen Wahlkampf.

Die Hoffnung auf einen Premiermin­ister Boris Johnson entspringt der Sehnsucht des USPräsiden­ten, einen Polit-Clown als Gesprächsp­artner zu bekommen. Dann säße Trump sozusagen seinem Spiegelbil­d gegenüber.

„The Donald“gestattet sich also, was er anderen nie durchgehen ließe: Er missinterp­retiert die Realität, er schulmeist­ert die Regierungs­chefs seiner Verbündete­n, er droht und attackiert nicht die Feinde, sondern die Freunde der USA und er mischt sich in deren innere Angelegenh­eiten ein. Mal sehen, ob er sich heute, Montag, seinem Helfer Putin ebenso ruppig nähert oder mit servilem Bückling.

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Viktor Hermann

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