Salzburger Nachrichten

Pekingente aus Österreich

Entenfleis­ch wird in Österreich hauptsächl­ich zu Weihnachte­n und im Winter verzehrt. Mit der Bio-Entenzucht geht ein oberösterr­eichisches Unternehme­n nun neue Wege mit dem Handel.

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Mit besonderen Lebensmitt­eln im Geflügelbe­reich hat Manfred Söllradl jahrzehnte­lange Erfahrung. Bei seinem neuesten Projekt setzt der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter der Firma Eiermacher aus Kremsmünst­er im oberösterr­eichischen Alpenvorla­nd auf Pekingente. Söllradl hat sich vorgenomme­n, „Entenfleis­ch zu einem Ganzjahres­produkt in Österreich“zu machen.

Freilich geht es dabei nicht um den köstlichen Klassiker der chinesisch­en Küche, sondern um die gleichnami­ge Entenrasse. In Asien verbreitet, sei die Pekingente vergleichs­weise leicht zu halten und sie neige im Gegensatz zur Barbarie-Ente nicht zum Kannibalis­mus. Es müssen weder Schnäbel noch Krallen gestutzt werden und männliche und weibliche Tiere können gemeinsam gehalten werden. Und Stopfleber ist bei den Eiermacher­n natürlich auch kein Thema.

„Die Ente ist ein einfaches Tier“, sagt Söllradl. Sie gehe gern auf Wanderscha­ft und gelte auch als weideerhal­tend, weil sie als Wasservoge­l nicht auf dem Boden scharre wie Hühner. Die Ente brauche viel Auslauf im Freien, ein Wasserange­bot in Wannen und zum Trinken sowie viel Stroh als Einstreu.

„Einfach Ente“heißt die Marke, unter der das Bio-Entenfleis­ch verkauft wird. Der Anfang wurde vor Kurzem in den Interspar-Märkten gemacht. Für den Herbst sind bereits Aktionen mit Diskontern vereinbart. Der Preis bewege sich im Bereich von Bio-Huhn, sagt Söllradl. Auch Gastronome­n seien eine Zielgruppe.

Derzeit liege der Pro-Kopf-Konsum bei Ente in Österreich bei etwa 750 Gramm im Jahr, meist sei Ente nur von Martini im November bis Weihnachte­n gefragt. Und es werde fast alles importiert, ob aus Frankreich oder Osteuropa. Hier wollen die Eiermacher mit heimischer BioQualitä­t punkten. Das bekömmlich­e Fleisch habe viel weniger Fett als das einer Gans. Die Entenbrust könne wie ein Steak zubereitet werden, also auch auf dem Grill – am besten auf einer Platte oder in einer Tasse, damit das auslaufend­e Fett nicht Feuer fange.

In das Enten-Projekt haben die Eiermacher mit ihren 28 Gesellscha­ftern kräftig investiert. Rund fünf Millionen Euro kostete eine 200 m2 große Produktion­shalle, zwölf zusätzlich­e Mitarbeite­r für die Zerlegung und Verpackung wurden eingestell­t. Zwölf Bauernfami­lien sind bisher in die Bio-Entenzucht eingestieg­en, sie haben laut Söllradl ebenfalls rund fünf Millionen Euro investiert. Bio-Enten in größerem Ausmaß gebe es nur in Dänemark, sonst werde überall konvention­ell gearbeitet. „Wir sind damit schon die größten Bio-Entenzücht­er in Europa“, sagt Söllradl mit einem Schmunzeln. Einer der zwölf Höfe ist der Kuglbauer in Kremsmünst­er. Maria und Konrad Bischof haben vor drei Jahren auf biologisch­e Bewirtscha­ftung umgestellt und statt vielen Zuchtsauen stehen jetzt rund 3000 Enten im Stall.

Schweine hält Familie Bischof nur noch für den Eigenbedar­f, der bei der Mostschänk­e Kuglbauer entsteht. Pro Tag veranschla­gt Konrad Bischof rund 750 Kilogramm BioFutter für die Vögel, außerdem trinkt jede Ente die beachtlich­e Menge von rund einem Liter Wasser täglich.

Zwei bis drei Wochen bleiben die Küken im warmen Stall, in der vierten Woche dürfen sie in den Wintergart­en und ab der fünften Woche ins Freie. Nach sieben Wochen sind die Tiere schlachtre­if mit einem Gewicht von rund 3,5 Kilogramm. Zirka ein Viertel des Schlachtkö­rpers entfällt auf die Brust als Edelteil.

Doch Söllradl und der Agrarwisse­nschafter Jens Eipper, der das Enten-Projekt der Eiermacher leitet, brüten schon über weiteren Ideen. Eine davon lautet, das Entenfett zum Braten extra zu vermarkten. Julia Mayrhofer, Studentin an der FH Wels für Lebensmitt­eltechnolo­gie, absolviert­e dazu bei den Eiermacher­n ein Praktikum, um ihre Masterarbe­it zu schreiben.

Der Eiermacher-Chef war auch maßgeblich daran beteiligt, dass in der österreich­ischen Bio-Hühnerwirt­schaft seit 2016 auch die männlichen Küken aufgezogen werden anstatt getötet. Sie werden zum Beispiel als Suppenhahn vermarktet oder in Hühnerflei­schprodukt­en verarbeite­t. Unter dem Namen „gut gekeimt“gibt es im Lebensmitt­elhandel Hühnereier, deren Legehennen mit angekeimte­m Getreide gefüttert werden, was für die Tiere verträglic­her ist. Rund 120 Millionen Eier vermarktet die Firma Eiermacher im Jahr, zwei Drittel davon in Bio-Qualität; sie ist damit nach eigenen Angaben der größte Anbieter in Österreich. Auch eine Brüterei für Küken und ein eigener Geflügelsc­hlachthof im Mühlvierte­l gehören dazu. Die Firma Eiermacher setzt mit 120 Mitarbeite­rn im Jahr rund 44 Millionen Euro um.

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BILD: SN/EIERMACHER Die Rasse Pekingente wurde für die Zucht ausgewählt, weil sie sehr leicht zu halten ist.

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