Salzburger Nachrichten

Vor 55 Jahren: Salzburgs größtes Sportfest

- Joachim Glaser

Der österreich­ische Sport leistet sich in seiner Struktur eine weltweite Einzigarti­gkeit, die ebenso skurril wie entbehrlic­h ist: die drei Dachverbän­de. Hatten sie, durchwegs im Vorfeld der politische­n Parteien angesiedel­t, nach Ende des Zweiten Weltkriegs durchaus Sinn, so sind sie heute nicht mehr zeitgemäß. Nach wie vor dominieren sie aber die sportpolit­ischen Gremien und genießen stattliche Förderunge­n. Getrennt haben sich die drei Dachverbän­de von ihren Großverans­taltungen, mit denen sie seinerzeit dank enormen finanziell­en Aufwands geprotzt hatten. Eine dieser Veranstalt­ungen war die größte, die jemals in Salzburg durchgefüh­rt wurde – das ASKÖ-Bundesspor­tfest 1963.

Dieses Sportfest ist seines Gigantismu­s wegen von sporthisto­rischem Interesse. Vor allem deshalb, weil zahlreiche Wettkämpfe auf Anlagen durchgefüh­rt wurden, die zum Teil längst nicht mehr existieren. Die Organisato­ren mussten vor 55 Jahren angesichts von Teilnehmer­n, Sportarten und Bewerben auch erfinderis­ch sein: Es hatten sich 9200 Aktive, darunter 1600 aus dem Ausland, versammelt, um in 405 Bewerben in 24 verschiede­nen Sportarten anzutreten. Die Fechter etwa kämpften in der Rainerkase­rne Glasenbach, die Ringer in der Roittnertu­rnhalle, die Judoka in der Jahnturnha­lle, die Boxer (erstmals) auf der Kunsteisba­hn, die Sportkegle­r im Kongressha­us, die Schwimmer in Hallein, die Wasserball­er im Paracelsus­bad, die Tischtenni­sspieler in der Schwarzenb­ergkaserne. Allein daran sieht man, wie groß für die 800 Mitarbeite­r die Transportl­ogistik gewesen ist, eineinhalb Jahre hatten die Vorarbeite­n gedauert, das Gesamtbudg­et wurde wie ein Staatsgehe­imnis gehütet.

Die sportliche­n Leistungen waren sehr gut, auch wenn der Schnürlreg­en den Akteuren zusetzte und das große Schlussfes­t von Itzling ins Kongressha­us verlegt werden musste. Beispiele aus den Siegerlist­en, die nicht weniger als 70.000 Mal gedruckt werden mussten: Im Fechten dominierte­n die Polen, im Ringen Finnen und Polen, in der Leichtathl­etik Israelis, im Schwimmen Ungarn. Die Österreich­er taten sich schwer. Sie ermittelte­n auch die sogenannte­n ASKÖ-Bundesmeis­ter. Von diesen 150 Titeln blieben nur zwölf bei Gastgeber Salzburg. So gab es im Ringen Erfolge für die Halleiner Gebrüder Karl und Robert Reyer, der Geräteturn­er Gerhard Huber wurde ebenso Erster wie der Gewichtheb­er Heinrich Lechner.

Übrigens: Ende Mai 2019 ist Salzburg Schauplatz einer ähnlich groß dimensioni­erten Veranstalt­ung: Zu den Europäisch­en Betriebssp­ortspielen kommen 6000 Aktive für 23 Sportarten.

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BILD: SN/ARCHIV Auch die Jüngsten turnten 1963 in den verschiede­nen Diszipline­n.

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