Wie mir echt nette Kinder einen echten Schreck einjagten
Es geschah am helllichten Tag. Überfallsartig. Ich war darauf nicht vorbereitet. Und hatte das Ganze auch nicht erwartet.
Danaxt, vor ein paar Tagen also (in the past few days – damit es in Mary Alp on the Stonny Sea, Maria Alm am Steinernen Meer, auch jeder versteht), passiert das: Eine Gruppe Kinder kommt daher. Nein, die haben nicht auf ihr Mobiltelefon geschaut. Die hatten gar keine „Händis“in der Hand. Merkwürdig eigentlich. Da wird man heutzutage schon ein bisserl stutzig. Egal. Also: Sie kommen näher – lachen herzlich. Haben eine echte Gaudi miteinander. Dann passiert es. Völlig aus dem Nichts. Ansatzlos. Wie aus der Pistole geschossen. Sie gehen an mir vorbei, und – bumm: „Griaß di!“, sagt das Dirndl (Mädchen, Girl) ganz laut. Lacht mich an und freut sich offensichtlich, mich zu treffen. Und die drei Buben, die sie begleiten, auch. Die sagen nicht „He Oida!“– was ich mir in meinem Alter ohnehin strengstens verbitten würde. Sie schlapfen auch nicht irgendwie mit Hängehosen dahin. Den Buam (Boys) sprudelt auch gut gelaunt ein „Griaß di!“aussa. Die waren completely – Pardon, völlig – höflich und haben volle gegrüßt. Mich hat das foolish (narrisch) gefreut. Deshalb kam sofort ein „Griaß ench!“zurück. Oft genug ist ja das Gegenteil der Fall. Keiner sagt was – auch wenn man zu ihm was sagt. Vielleicht wird das jetzt modern. Zueinander wieder „Griaß di!“sougn. Voi trendy, Oida!
Die eingeborenen Erwachsenen im inneren Innergebirg kommen in der Regel mit weniger Worten aus. Konkret mit einem: „Sogga?“, was als Gruß, Anteilnahme bzw. Interesse zu verstehen ist. Wie geht es dir? (For the people from Mary Alp: How are you?) Was machst du? (What are you doing?) Als Antwort im Sommer kommt meist „Grilln gwein“oder „Schwimma gwein“, was mit minimaler Worteanwendung maximale Bot- schaften transportiert. Und während ich mich so vor mich dahinfreue, weil die Kinder so nett „Griaß di“gsougt homb, komme ich an einem Plakat vorbei. In riesigen Lettern wird dort eine Veranstaltung namens „Skills Factory“beworben. Mit Soft Skills – in Mary Alp und Rundummadumm weiß das jeder – sind zwischenmenschliche Fähigkeiten gemeint. Man kann auch Sozialkompetenz sagen. Dazu gehört „Grüß Gott“und „Auf Wiedersehen“sagen. Beim Vorstellungsgespräch nicht Nägel kauen, rauchen oder am Piercing in der Nase fummeln.
Früher waren Mamas und Papas in der Lage, das den Kindern zu vermitteln. Im Alltag. By the way, praktisch. Heute sind vermutlich viele Eltern durch Facebooken und WhatsAppen so im Stress, dass ihnen dafür einfach die Zeit fehlt.