Gegen Frauen, Kinder und die Wirtschaft
Statistiken zeigen, was unzureichende Kinderbetreuung zur Folge hat. Unter anderem Armutsgefährdung.
Ungünstiger hätte der Zeitpunkt nicht sein können, an dem Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) feststellte, dass man beim Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen für Drei- bis Sechsjährige schon so weit sei, dass man ab sofort den Fokus eher auf die Jüngeren legen könne. Parallel zur Debatte über die Arbeitszeitflexibilisierung provozierte sie damit einen Blick darauf, wie viele Kindergärten mindestens zwölf Stunden am Tag geöffnet sind. Das Ergebnis ist ernüchternd: 2017 waren es außerhalb Wiens praktisch keine.
Womit klargestellt wäre, dass es zumindest einem Elternteil in der Regel noch immer unmöglich ist, Vollzeit zu arbeiten, geschweige denn Überstunden zu machen, wenn der Chef das gern hätte. In der Praxis kann die Frau und Mutter also nur ein paar Stunden in der Woche erwerbstätig sein und wird damit eben auch entsprechend weniger verdienen. „Wer Kinder hat, soll sich um sie kümmern“, ist ein denkbar schlechter Einwand zur Verteidigung dieses Zustands. Zumal damit sehr große Probleme verbunden sind. Genauso, wie keine Frau dazu verpflichtet werden soll, ihren Sohn oder ihre Tochter 40 Stunden abzugeben, soll auch keine daran gehindert werden, 40 Stunden zu arbeiten. Ganz besonders dann nicht, wenn dies geradezu existenziell nötig wäre.
Das entscheidende Argument dafür ist der Sozialstatistik zu entnehmen: Am stärksten armutsgefährdet ist in Österreich, wer lange arbeitslos ist. Gleich einmal dahinter folgen mit einer Wahrscheinlichkeit von sage und schreibe 47 Prozent „Ein-Eltern-Haushalte“. Und weil die Geschlechterrollen noch immer so verteilt sind, kann man sagen, um wen es sich da in der Regel handelt: alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern.
Unzureichende Kinderbetreuungseinrichtungen sind zu ihrem Schaden. Insofern sollte sich jede Debatte über die Notwendigkeit eines Ausbaus eigentlich schon erübrigen. Es geht jedoch weiter: Dass alles in allem jede zweite Frau nur Teilzeit arbeitet, hat laut einer Erhebung der Statistik Austria viele Gründe. 240.000 finden das ausreichend; das ist erfreulich. 370.000 jedoch würden gern mehr, können aber nicht. Warum? Wenig überraschend darum: aufgrund fehlender Betreuungsangebote, insbesondere für ihren Nachwuchs.
Schließlich und endlich ist das auch wirtschaftsfeindlich: Es ist kein Zufall, dass immer mehr Betriebskindergärten entstehen. Unternehmen sehen sich gezwungen, zu schaffen, was Bund, Länder und Gemeinden verabsäumen. Sie brauchen die Frauen, die längst zahlreicher studieren und zunehmend höher qualifiziert sind als Männer, dringender denn je. Sie können nicht auf sie verzichten. Das ist zu einer echten Standortfrage geworden.