„Da gibt es viel, was Amerika von Österreich lernen kann“
Der neue amerikanische Botschafter über seinen Präsidenten und die Rolle eines gar nicht so kleinen Landes.
Der Kalifornier Trevor Traina (50) ist seit Mai US-Botschafter in Österreich. Die SN sprachen mit ihm anlässlich seines Besuchs bei den Festspielen. SN: Beim Treffen zwischen EU-Kommissionschef JeanClaude Juncker und US-Präsident Donald Trump in Washington kam es zu einer Entspannung im Handelskonflikt. Wie schätzen Sie die Lage ein? Traina: Die Gespräche verliefen ausgezeichnet und ich glaube, sie waren gut für Europa und Amerika. Das Ziel, die Zölle für Güter aufzuheben, ist großartig. Die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA sind ja jetzt schon erstklassig. Amerika ist nach Deutschland der zweitgrößte Käufer österreichischer Waren. SN: Ihr Präsident ist ein wenig erratisch in seinen Meinungen und Aussagen. Verlieren Sie nicht manchmal den Überblick? Interessant ist, dass die Ziele dieses Präsidenten exakt dieselben sind wie die seiner Vorgänger: höhere Beiträge der Europäer für die NATO, niedrigere Zölle, Sicherheit für Europa. Der einzige Unterschied liegt in der Taktik, die er verwendet, wie er Gespräche eröffnet. SN: Halten Sie die Taktik, europäische Alliierte als „Feinde“zu bezeichnen, für hilfreich? Dieser Präsident wurde als Außenseiter gewählt und niemals war einer unserer Führer derart den sozialen Medien zugetan. Früher war alles, was Sie von einem Präsidenten hörten, die Präsentation des fertigen Produkts. Nun haben wir alle während des gesamten Prozesses einen Sitz in der ersten Reihe. Aber das fertige Produkt ist immer gut, etwa das gemeinsame NATOKommuniqué oder die Pressekonferenz mit Juncker. SN: Wie kann Europa sicher sein, dass Amerika ein Freund bleibt? Wenn Sie auf das Verhalten dieser Regierung blicken, sei es die Solidarität mit London nach der SkripalAffäre, sei es die Entsendung von mehr Truppen in die NATO, sei es das direkte Gespräch mit Wladimir Putin, das von unseren europäischen Alliierten sehr befürwortet wurde: Diese Regierung ist wahrscheinlich mehr für Europa engagiert als ihre Vorgängerin. Ich meine, das wird der transatlantischen Allianz guttun. SN: Was können Sie als Botschafter in Österreich erreichen? Unsere Länder arbeiten bereits sehr eng zusammen. Ich sehe mich als jemand, der zuhört und versteht, was wichtig für Österreich ist, und als jemand, der die ganze Kraft der amerikanischen Freundschaft an- bietet, um gemeinsam an Zielen zu arbeiten, von denen beide profitieren.
„Sehe mich als jemand, der zuhört.“
SN: Ist ein kleines Land wie Österreich überhaupt wichtig für die USA? Viele sagen ja, dass Österreich nur ein kleines Land ist. Ich stimme dem nicht zu. Erstens ist Österreich nicht klein für ein europäisches Land und zweitens ist sein Einfluss groß. Er umfasst die ganze Region. Eine meiner Aufgaben ist es, Washington klarzumachen, wie strategisch bedeutsam Österreich ist. Wir sehen Österreich als Führungsmacht im Westbalkan, bei der Grenzsicherung. In vielen Dingen führt Österreich ganz Europa und da gibt es viel, was Amerika lernen kann.