Stieftochter deckte Mord an Vater auf
Erst einen Tag vor der Einäscherung der Leiche erhärtete eine Obduktion den Mordverdacht. Erste Hinweise auf das Motiv gibt es.
VOITSBERG. Ihrem Misstrauen und ihrer Hartnäckigkeit ist es wohl zu verdanken, dass ein möglicher Mord in der Steiermark nicht unentdeckt bleibt.
Wie am Donnerstag bekannt wurde, soll ein 54-jähriger Deutscher seinen 82-jährigen Vater im weststeirischen Voitsberg erstickt haben. Dieses Verbrechen blieb aber vorerst unentdeckt.
Was war passiert? Bereits am 10. Juli verstarb der Pensionist in seinem Haus in Voitsberg, das er gemeinsam mit seinem Sohn bewohnte. Der 54-Jährige verständigte nach dem Tod des Vaters den Gemeindearzt und bat um eine Totenbeschau. Der Mediziner führte diese durch, vermerkte einen natürlichen Tod und gab die Leiche wie üblich zur Bestattung frei.
Elf Tage später, am 21. Juli, sollte eine Anzeige der Stieftochter des Verstorbenen schließlich alles ändern. „Die Frau hat sich an die Polizei in Salzburg gewandt und dort angegeben, dass sie betreffend des Ablebens ihres Stiefvaters große Zweifel habe“, sagte Cornelia Koller von der Staatsanwaltschaft Graz im SN-Gespräch.
Die Frau, die in Freilassing wohnhaft ist, war dabei offenbar bereits zum wiederholten Male im regen Austausch mit den Behörden. Denn ihr 54-jähriger Bruder soll polizeibekannt gewesen sein. Dies bestätigt auch die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage. „Ja, er ist schon öfters bei uns angefallen“, erklärte Koller. Allerdings soll es sich dabei nie um Gewaltdelikte gehandelt haben. Der Mann dürfte laut Gerüchten massive Geldprobleme gehabt haben. Auch soll es zwischen dem 54-Jährigen und seinem Vater immer wieder zu Streitigkeiten um das Erbe gekommen sein.
Die Polizei in Salzburg nahm die Hinweise der Tochter ernst und die Staatsanwaltschaft veranlasste daraufhin eine Obduktion der Leiche des 82-Jährigen. Nur einen Tag bevor diese in einem Krematorium eingeäschert worden wäre, erfolgte die Untersuchung des Toten durch die Gerichtsmedizin.
Am Donnerstag lag dann das mündliche Obduktionsergebnis vor. „Es deutet alles auf einen gewaltsamen Tod hin“, bestätigte Koller von der Staatsanwaltschaft. Der Mann dürfte offenbar erstickt worden sein. Gewalteinwirkungen im Bereich des Mundes und Halses sei- en laut Gutachten deutlich erkennbar. Bei der Staatsanwaltschaft warte man nun noch auf den schriftlichen Abschlussbericht.
Warum die Merkmale, die auf einen gewaltsamen Tod hindeuten, nicht vom Gemeindearzt erkannt wurden, ist offen. Der Fall lässt somit einmal mehr eine alte Diskussion aufkochen. Jene, ob in Österreich genügend obduziert wird oder ob viele Morde durch fehlende Untersuchungen durch Gerichtsmediziner unentdeckt bleiben. Entscheidend sei laut Experten letztlich das Zusammenspiel von Leichenbeschauer, Polizei und Staatsanwaltschaft, das über das Ja zu einer Obduktion entscheidet. In Österreich wurden laut Statistik des Justizministeriums im Jahr 2017 insgesamt 1325 Obduktionen durchgeführt. 2016 waren es noch 1223. „Im konkreten Fall ist es allerdings sehr schwer für einen normalen Arzt, die Anzeichen für einen gewaltsamen Tod zu erkennen. Das benötigt wirklich das geschulte Auge eines Gerichtsmediziners“, meint ein Experte auf SN-Nachfrage.
Noch am Donnerstag erfolgte auf Anordnung der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung der Polizei im Haus des Verstorbenen in Voitsberg, bei der nach einer möglichen Tatwaffe gesucht wurde. Ein Antrag auf Untersuchungshaft für den 54-jährigen Verdächtigen wurde bereits eingebracht.
„Es deutet alles auf einen gewaltsamen Tod hin.“ Cornelia Koller, Staatsanwaltschaft