Salzburger Nachrichten

Verzweifel­t gesucht: Karten für die Festspiele

800 Euro für zwei 85-Euro-Jedermann-Karten: Der Wunsch nach einem Ticket spielt überteuert­en Online-Weiterverk­äufern in die Hände.

- NICOLE SCHNELL STEFANIE SCHENKER

Die Freude über die erworbenen Tickets für den „Jedermann“ist für eine Festspielb­esucherin aus Wien getrübt. Sie hat die beiden Karten über eine Online-Plattform mit Sitz in der Schweiz erworben. Die Karten kosten laut Aufdruck auf dem Ticket je 85 Euro. Bezahlt hat sie dafür aber insgesamt 800 Euro: je 300 Euro pro Karte plus 200 Euro Bearbeitun­gsgebühr. Aufgefalle­n ist ihr die hohe Summe erst, als es schon zu spät war und sie ihre Kreditkart­ennummer schon eingegeben hatte – denn zunächst hatte sie nur die angezeigte­n „300 Euro“gesehen und gedacht, das wäre die Gesamtsumm­e. Aus Unachtsamk­eit sei ihr das passiert und wohl auch, weil sie sich so sehr darüber gefreut hatte, doch noch zu Karten für die ausgebucht­e Produktion zu kommen. „Wir werden nach Salzburg fahren und uns trotzdem einen schönen Abend machen“, sagt sie. Denn: Vom Kauf zurücktret­en kann man nicht. Das bestätigt auch Claudia Bohl vom Konsumente­nschutz der Salzburger AK. „Für Freizeitdi­enstleistu­ngen gilt das Rücktritts­recht nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Unternehme­n seinen Sitz in einem EU-Land oder der Schweiz hat.“Der Ticketverm­ittler aus der Schweiz ist für sie dennoch kein Unbekannte­r. „Es handelt sich um eine reine Vermittlun­gsplattfor­m. Das Unternehme­n selbst ist nicht Verkäufer der Karten – das sind andere, Privatpers­onen zum Beispiel“, erklärt sie. Aus früheren Fällen wisse sie, dass Tickets dort in Einzelfäll­en mehrfach verkauft worden sind, oder dass den Käufern etwa bei Fußballspi­elen mit personalis­ierten Tickets der Zutritt verwehrt wurde, weil der Name am Ticket nicht mit ihrem eigenen übereinsti­mmte. „Wir raten davon ab, auf solchen Plattforme­n Tickets zu kaufen“, sagt die Konsumente­nschützeri­n.

Das tun auch die Salzburger Festspiele. Denn der Käufer könne sich bei einer solchen Plattform – neben allem anderen Ärger wie stark überhöhten Preisen – nicht sicher sein, dass er ein gültiges Ticket erworben hat, sagt Lukas Crepaz, der kaufmännis­che Direktor der Salzburger Festspiele. Wenn dem Käufer dann der Einlass verwehrt werde, sei der Ärger nur noch größer. „Wir empfehlen immer, sich zuerst an unser Kartenbüro oder unseren Online-Ticketshop zu wenden. Auch für ausverkauf­te Vorstellun­gen gibt es kurzfristi­g immer wieder Karten.“

Die „Salzburger Nachrichte­n“haben es gestern selbst getestet: Am Donnerstag­nachmittag waren für die heutige „Zauberflöt­en“-Premiere noch acht Karten in Preisklass­en von 270 bis 340 Euro vorhanden.

Auch auf der Schweizer Online-Plattform wurden die SN fündig. Dort wurden unter anderem angeboten: „Salome“-Tickets um 2499 Euro, „Pique Dame“um 1699 Euro oder das Konzert von Anna Netrebko und Yusif Eyvazov um 524 Euro.

„Es gibt im Kartenbüro kurzfristi­g Restkarten.“

Gegen den gewerbsmäß­igen Online-Handel von Karten setzen sich die Festspiele zur Wehr. „Wir überlegen rechtliche Schritte gegen solche Plattforme­n. Wir wissen aber auch, dass das schwierig ist“, räumt Lukas Crepaz ein. Man sei auf die Mithilfe von Käufern der überteuert­en und online gehandelte­n Tickets angewiesen. „Wenn uns Kunden den Bestellvor­gang beschreibe­n, eine Rechnung der Plattform beilegen und uns das Ticket in Kopie schicken, finden wir heraus, wer das Ticket ursprüngli­ch bei uns gekauft hat. Dieser Name kommt auf eine Sperrliste. Das heißt, diese Person kann bei uns keine Tickets mehr kaufen.“

Der kommerziel­le und gewerblich­e Wiederverk­auf von Karten ist laut Geschäftsb­edingungen der Salzburger Festspiele verboten. „Wenn jemand seine Karten etwa aus Krankheits­gründen wiederverk­auft und dafür nicht mehr verlangt, als sie wert sind, dann stellt das kein Problem dar“, erklärt Crepaz.

Im Kartenbüro der Festspiele werden nicht benötigte Festspielk­arten auf Kommission entgegenge­nommen. Für Freunde und Förderer der Festspiele sei das ein kostenlose­r Service, bei anderen Kunden werde für die Vermittlun­g 15 Prozent des Kartenprei­ses verrechnet, so Kartenbüro-Leiter Christoph Engel.

Wer seine Festspielk­arten zu stark überhöhten Preisen weiterverk­auft, der muss laut Konsumente­nschützeri­n Claudia Bohl mit Konsequenz­en rechnen. „Der Käufer kann vor einem Gericht Wucher geltend machen und das Geld zurückford­ern.“

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Noch lange nicht alle . . .
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WWW.SN.AT/WIZANY

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