Wenn die Mama wieder vor Wut rast
Die Salzburger Festspiele bieten heuer eine reizende „Zauberflöte für Kinder“. Ein quirliger Papageno begeistert.
SALZBURG. Warum ist diese Oper so beliebt? Um die Faszination von Mozarts „Zauberflöte“zu verstehen, führt der Weg zurück in die Kindheit. Ein Prinz, der mit einem Drachen kämpft, die geheimnisvolle Königin der Nacht und das – Vorsicht, Spoiler! – glückliche Ende für das Liebespaar: Das bewegt Groß und Klein.
Während das vorrangig erwachsene Premierenpublikum am Freitagabend ins Große Festspielhaus pilgerte, bestand die „Zauberflöte für Kinder“bereits am Nachmittag ihre Feuertaufe. In der Großen Universitätsaula hat Regisseur Tomo Sugao für die Salzburger Festspiele eine kindertaugliche Fassung von einer Stunde Spieldauer erarbeitet – ohne auf nur einen der vielen Hits zu verzichten. Julia K. Berndt hat knallbunte Kostüme und eine dienliche Bühne beigesteuert.
Das Geschehen erleben die jungen Opernbesucher aus der Perspektive der Pamina, die in der Nacht vor ihrem achten Geburtstag die Geschichte als Traum erlebt. Marie Perbosts schlanke Sopranstimme schwebt in wunderbar weichen Bögen durch die Arie „Ach, ich fühl’s“. Hyunjai Lee hat als Prinz Tamino die Lacher auf seiner Seite, wenn er „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“singt und seiner Pamina bereits gegenübersteht.
Dem Regisseur gelingt es, die Handlung in einer nachvollziehbaren Familiengeschichte aufzulösen. Das Publikum kann sich wohl besser mit Sarastro als gutmütigem Papa identifizieren als mit einem weisen Oberpriester. Das passt dann auch, wenn Ioan Stancu seinen wohlgeformten Bass zur Beruhigung „in diesen heil’gen Hallen“einsetzt. Die Königin der Nacht hingegen entpuppt sich als Mama, die aus Wut über das Chaos in der Wohnung rast. Auch das kennt man von daheim. Wenn Emma Posman zur ersten Koloraturarie ansetzt, hält sich Papageno die Ohren zu.
Der ist in dieser Fassung logischerweise auch kein Vogelhändler, sondern der große Bruder von Pamina. Liviu Holender markiert das quirlige Zentrum dieser Produktion. An Bühnenpräsenz und einem kraftvollen Bariton mangelt es dem jungen Österreicher ebenso wenig wie an Sinn für Slapstick. Holender könnte durchaus in die Fußstapfen von Christian Boesch treten, der 1980 in Salzburg das Genre der „Zauberflöte für Kinder“ja gewissermaßen erfunden hat. Carina Schmieger als Papagena und Gürkan Gider als Monostatos komplettieren das junge Gesangsensemble, das ausschließlich aus dem „Young Singers Project“rekrutiert ist.
Im akustisch heiklen Raum müssten die Sänger ihr Stimmpotenzial gar nicht immer ausreizen – zumal im Orchestergraben in minimaler Besetzung musiziert wird. Giedrė Šlekytė führt die hervorragenden Salzburg Orchester Solisten – gespickt mit bekannten Gesichtern – gekonnt durch diesen reizenden Einstieg in die Welt der Oper. Oper für Kinder: