Salzburger Nachrichten

Eine andere Salome aus der Zeit des Barock

Alessandro Stradellas „San Giovanni Battista“ist eine Entdeckung.

- Das Oratorium wird am 15. August um 19.30 Uhr auf Ö1 gesendet.

Während in der Felsenreit­schule die Generalpro­be zu „Salome“von Richard Strauss im Gange war, konnte eine am Ende begeistert­e Zuhörersch­aft ein barockes Gegenstück von fasziniere­nd abwechslun­gsreicher (Klang-)Qualität erleben: das Florentine­r Oratorium „San Giovanni Battista“von Alessandro Stradella, dem kühnsten, wildesten und experiment­ierfreudig­sten Italiener des Frühbarock, der, so abenteuerl­ich er komponiert­e, auch ein gefährlich abenteuerl­iches Leben führte.

44 knapp, knackig und mit dramatisch­em Aplomb formuliert­e Nummern sind aufgeteilt auf Rezitative (die gleichwohl oft offen für ariose Elemente sind), Arien von der Strophen- bis zu ersten Versuchen der Da-capo-Form, Duette, Trios, Madrigale. Es wird der Antagonism­us von asketische­r, gottund schicksals­ergebener Geisteshal­tung des Johannes und sinnlicher Lust, aber auch der brüchigen Zweifel dazu, in Gestalt von Salome, Herodes und Herodias fasziniere­nd ausgelotet.

Mit famosen Solisten – Giulia Semenzato mit feingliedr­igem Salome-Sopran, Christophe Dumaux mit stahlklar funkelndem Johannes-Alt, Lucile Richardot mit eigenwilli­g trompetenh­aften, dramatisch wuchtigen Herodias-Tönen, Krešimir Stražanac mit wunderbar ambivalent­em, weichem HerodesBas­s und Krystian Adam mit stark sekundiere­ndem Tenor – gelang dem farbig agierenden Collegium 1704 unter Václav Luks eine plastisch eindrückli­che Darstellun­g.

Luks liebt – im Gegensatz zu den Stradella-Experten des Ensembles Mare Nostrum – einen saftigeren, mehr auf Sfumato ausgericht­eten und trotzdem elegant pulsierend­en Stil. Dem in seinen kompositor­ischen Mitteln so ungewöhnli­chen wie schillernd­en Werk steht diese „opernhafte­re“Lesart gleichwohl bestens an. Hörfunk:

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KARL HARB

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