„Start-ups im eigenen Filmkonzern“
Der auf TV-Großprojekte spezialisierte Starproduzent Nico Hofmann spricht darüber, was ihm wichtig ist.
Nico Hofmann, der seit Ende des Jahrtausends als Mitbegründer der teamWorx Television & Film im Konzert der großen Produktionsgesellschaften mitspielt, appelliert im Gespräch mit den SN eindringlich an die Branche, sich vermehrt politisch zu äußern: „Die Agenda vieler Künstler, in dieser Hinsicht gar nicht auffallen zu wollen, ist falsch. Die Zeiten werden härter, und wir müssen uns klar sein, welchen Einfluss auch wir haben.“ SN: Seit September 2017 sind Sie alleiniger CEO der UFAFilmproduktion. Was bedeutet das für Sie und die Zuschauer? Nico Hofmann: Die UFA ist ein großes Unternehmen. Und ich habe einen großen Respekt vor vielen Kollegen, die auf dem Markt agieren: Oliver Berben oder Quirin Berg zum Beispiel. Ich könnte Ihnen weitere nennen. Es geht mir nicht um Größe, es geht mir um Qualität. SN: Aber die Verantwortung hat zugenommen. Das ist tatsächlich eine große Veränderung in meinem Leben. Es macht Spaß, ja, aber es bedarf auch großer Energie. Schließlich muss ich und will ich wirklich alle Programme, für die ich verantwortlich bin, auch gesehen haben. SN: Ein hehres Ziel! Glauben Sie mir: Ich habe mir wirklich vorgenommen, jedes Programm zu kennen. Ob „Zuhause im Glück“, „Hartz und herzlich“bei RTL II oder „Deutschland sucht den Superstar“. Das ist eine wesentliche Veränderung in meinem Leben als Produzent – weg von der Verantwortung für einzelne Programme, hin zur Gesamtverantwortung. Das ist eine andere Art Management. SN: Ihr Name steht für großes, wuchtiges Fernsehen, von „Der Tunnel“über „Die Flucht“und „Nicht alle waren Mörder“bis „Unsere Mütter, unsere Väter“. Plötzlich stehen jetzt auch kleine, womöglich schwächere Produktionen auf Ihrer Agenda. Werden Sie nicht zwingend auch mit einer Art Mittelmäßigkeit konfrontiert?
Wichtig ist mir, und ich sage das mit Vehemenz, weil es eine Herzensangelegenheit ist: Ich will gegen Mittelmäßigkeit angehen, egal in welchem Bereich sie mir begegnet. SN: Ist das tatsächlich überall möglich? Ich bin der Meinung, dass sich in jedem Programmbereich Exzellenz zeigen lässt. Nehmen Sie die Castingshows. Ich habe viele Gespräche mit Dieter Bohlen in Mallorca über „Deutschland sucht den Superstar“geführt. Mit Erfolg, wie ich glaube. Exzellenz lässt sich diskutieren. SN: Welche Kernziele verfolgen Sie? Mein Hauptaugenmerk liegt darauf, die Firma zu verjüngen und sie deutlich weiblicher zu machen. Schon jetzt habe ich mit vielen Mitarbeitern zu tun, die zwischen 25 und 35 Jahre sind, was gerade auch im digitalen Bereich für uns wichtig ist. Manches erinnert mich da an meine Anfangszeit bei teamWorx, als ich selbst noch Mitte 30 war. SN: Ist das Große, das Wuchtige der UFA eher Chance oder Hindernis? Zunächst bin ich darauf stolz. Wir haben 800 Stunden Neuprogramm jedes Jahr, 2500 Stunden Sendezeit mit Wiederholungen. Die UFA ist ein großer Dampfer. Aber wie alle großen Dampfer haben wir auch das Kernproblem, dass wir nicht behäbig werden dürfen. Was bedeutet: Man muss ihn zerlegen in viele kleine Schnellboote. SN: Wie definieren Sie als Chef eines so großen Unternehmens den Begriff „Macht“? Der Begriff taucht für mich nur im Zusammenhang mit Verantwortung auf. Vertrauen und Verantwortung – darum geht es. Schiere Größe genügt nicht, sie kann sogar schädlich sein. Behäbigkeit, Luxus – das sind gefährliche Tendenzen. Wir müssen nahbar bleiben. Und wir sollten uns immer wieder hinterfragen. Daher wünsche ich mir, dass es in der UFA auch möglich sein muss, mit unseren jungen Produzentinnen und Produzenten quasi Startups in der eigenen Firma zu schaffen. SN: Sie fordern ein größeres politisches Engagement aus Ihrer Szene? Absolut. Unsere Branche täte gut daran, sich in politischen Sachverhalten viel stärker zu äußern. In den USA geschieht das. Dort nehmen wichtige Produzenten und Schauspieler eigentlich immer an politischen Diskussionen teil. Das fehlt mir sehr in unserem Land. SN: Ist es so, dass zwar der Video-on-Demand-Markt mutig, bisweilen sogar extrem wirkt, das lineare TV unter Quotendruck aber zahmer und vorsichtiger als früher? Sicher gibt es bei den Sendern oft Ängstlichkeiten und auch teilweise Marktforschungshörigkeiten. Dennoch müssen wir alle uns immer wieder fragen, wo wir stark sind. Wir dürfen uns nicht bei allem endlos absichern wollen. Das Fernsehen braucht auch angstfreie, radikale Entwürfe, bei denen man eben nicht sicher weiß, wie erfolgreich sie sind. Nico Hofmann, 58, in Heidelberg geboren, leitet die UFA. Dieser als Universum Film AG gegründete Konzern hat eine bedeutende Stellung in der europäischen Filmgeschichte. 2017 wurde Hofmanns UFA 100 Jahre alt. In München läuft noch bis Anfang September dazu die Ausstellung „Die UFA – Geschichte einer Marke“.