Salzburger Nachrichten

Die Causa Özil ließ niemanden kalt – warum nur?

Es war eine Woche mit vielen Wortspende­n zum deutschen Nationalsp­ieler. Die vielen Facetten der Debatten liefen oft aus dem Ruder. Zu oft.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Wenn es um Begriffe wie Rassismus und Integratio­n geht, dann erwacht der Kämpfergei­st in einer Debatte. Nicht nur in Deutschlan­d. Dabei ist gar nicht sicher, ob der deutsche Fußball-Nationalsp­ieler Mesut Özil in seiner Twitter-Meldung an die 23 Millionen Fans es im tiefsten Sinne dieser Begriffe auch als rassistisc­h erachtet hat, als er auf Englisch schrieb: „Ich bin Deutscher, wenn wir gewinnen, und ich bin ein Migrant, wenn wir verlieren.“Und vor allem: Wer hat es geschriebe­n? Seine Berater, die ihm auch unterstütz­end beim Foto mit dem türkischen Präsidente­n Erdoğan zur Seite standen? Özils Lehrer erzählen den Medien gern von mäßigen Leistungen im Englisch-Unterricht und berichten, dass der kleine Mesut eigentlich nur das Fußballspi­elen im Kopf hatte. Also wer hat den geschliffe­nen englischen Text mit den Vorwürfen vor allem gegen „seinen“deutschen Fußballbun­d aufgesetzt? Was weitere Meldungen angeht? Fehlanzeig­e. Bei den Tests seines Vereins Arsenal in Singapur tauchte wieder das Zitat seines Lehrers auf: Er hat nur Fußball im Kopf – denn auf Fragen von Journalist­en meinte Özil: „Ich sage nichts, ich habe Training.“

Wegducken war dieser Tage die Devise. Das gilt auch für den DFB und dessen sonst gesprächig­en Präsidente­n Reinhard Grindel.

Als Bundestags­präsident Wolf- gang Schäuble sich am Donnerstag zu Wort meldete und meinte, „irgendein kluger Mensch hätte das alles verhindern können und müssen“, war es am Ende wieder eine Integratio­nsdebatte mit Hang zur Staatsaffä­re.

Und fast am Ende kam einer zu Wort, der es wissen muss. Der gebürtige Brasiliane­r Cacau war Stuttgart-Star und auch deutscher Nationalsp­ieler. Jetzt ist er DFB-Integratio­nsbeauftra­gter. Er konstatier­te dem DFB und Özil Totalversa­gen in Sachen Kommunikat­ion. Klare Worte sind angesagt.

Eigentlich wurde die Causa Özil nur durch ein Totalversa­gen Deutschlan­ds bei der WM ausgelöst. Ein Buhman wurde gesucht, der polarisier­ende Özil gefunden. Es ist wieder Zeit für fußballeri­sche Glanztaten der Deutschen.

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BILD: SN/APA/AFP Özil schweigt in Singapur.
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