Salzburger Nachrichten

Sind Strafen steuerlich absetzbar?

Die gesetzlich­en Grundlagen und die Rechtsprec­hung wurden deutlich verschärft. Auch was Kartellstr­afen betrifft.

- Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Ein Mal falsch geparkt, und schon klebt ein Strafzette­l auf der Windschutz­scheibe – früher landete der in der Buchhaltun­g, sofern das Auto zu betrieblic­hen Zwecken verwendet wurde. Bis 2011 war es möglich, gewisse Strafen als Betriebsau­sgabe von der Steuer abzusetzen. Mit dem Abgabenänd­erungsgese­tz 2011 wurde diese Möglichkei­t abgeschaff­t. Seither ist gesetzlich verankert, dass „Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltung­sbehörden oder den Organen der Europäisch­en Union verhängt werden“, nicht abzugsfähi­g sind.

Wurden solche Sanktionen durch das Verhalten des Betriebsin­habers selbst ausgelöst, sind sie als Kosten der privaten Lebensführ­ung steuerlich irrelevant. Vor der Wirksamkei­t des Gesetzes, also vor 2. August 2011, waren Geldstrafe­n ausnahmswe­ise abzugsfähi­g, wenn das Fehlverhal­ten in den Rahmen der normalen Betriebsfü­hrung fiel und die Bestrafung vom Verschulde­n unabhängig war oder nur ein geringes Verschulde­n voraussetz­te. Somit waren Organstraf­mandate wie etwa solche im Zusammenha­ng mit berufsbedi­ngtem Entladen von Waren, irrtümlich­em Falschpark­en auf einem vermeintli­chen Kundenpark­platz oder Parken in zweiter Spur abzugsfähi­g.

In einem aktuellen Fall musste der Verwaltung­sgerichtho­f (VwGH) beurteilen, ob eine Kartellbuß­e, die vor Wirksamkei­t des Abgabenänd­erungsgese­tzes 2011 verhängt wurde, als Betriebsau­sgabe absetzbar ist. 2010 hatte die Europäisch­e Kommission aufgrund von wettbewerb­swidrigen Preisabspr­achen gegen eine Reihe von Unternehme­n Geldbußen von über 622 Millionen Euro verhängt. Eine der betroffene­n Gesellscha­ften – allein dieses Unternehme­n fasste eine Geldbuße von sechs Millionen Euro aus – wollte die Strafe von der Steuer absetzen. Doch das Finanzamt machte einen Strich durch die Rechnung. Auch das Bundesfina­nzgericht hielt die steuerlich­e Berücksich­tigung der Kartellbuß­e für unzulässig. Die Angelegenh­eit ging vor den VwGH.

Bereits nach der alten Rechtslage nicht abzugsfähi­g waren Strafen wegen überhöhter Geschwindi­gkeit oder Geldstrafe­n nach dem Finanzstra­fgesetz. In diesen Fällen wäre eine steuerlich­e Entlastung mit dem Strafzweck unvereinba­r, weil sie den Pönalchara­kter doch zumindest teilweise unwirksam machen. Durch die Reduktion der Steuerlast wäre die Vermögensm­inderung zum Teil ausgeglich­en und von der Allgemeinh­eit mitzutrage­n, was dem Wesen einer Strafe zuwiderläu­ft. Zum gleichen Ergebnis gelangte der VwGH jetzt auch in Bezug auf eine für wettbewerb­swidrige Preisabspr­achen verhängte Kartellbuß­e.

Auch bei Geldbußen handelt sich laut VwGH um Sanktionen, denen ein Strafchara­kter zukommt. Die general- und spezialprä­ventive Wirkung von Geldstrafe­n soll laut VwGH nicht durch eine Herabsetzu­ng der Steuerlast gemindert werden. Kartellbuß­en führen daher auch vor 2011 nicht zu Betriebsau­sgaben und damit auch nicht zu einer Verminderu­ng des Gewinns.

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