Salzburger Nachrichten

Feuchttüch­er verstopfen den Kanal

Hagleitner aus Zell am See hat ein spezielles Mousse entwickelt, das das Problem lösen soll.

- ANGELIKA WIENERROIT­HER

ZELL AM SEE. 125 Babyfeucht­tücher reichen, um eine kleinere Pumpe zu verstopfen. Die Mitarbeite­r der Klärwerke arbeiten dann mindestens zwei Stunden daran, die Pumpe wieder freizulege­n, sagt Martin Wellacher, der für die Montanuniv­ersität Leoben die Auswirkung­en von Feuchttüch­ern untersucht hat.

Das Problem seien die Kunststoff­fasern, die nicht abbaubar sind. „Wenn ein Feuchttuch nicht zerreißbar ist, gehört es in den Müll – und nicht in die Toilette“, sagt Wellacher. Die Reinigung der Kläranlage­n verursache Kosten, die pro Tuch dreimal so hoch sind wie der Einkaufspr­eis. In der Steiermark würden die Entsorgung­skosten jährlich rund 3,6 Millionen Euro betragen.

Auch in Salzburg sind Feuchttüch­er ein Problem, sagt Josef Weilhartne­r, Geschäftsf­ührer von Siggerwies­en. Von Oberndorf bis Hallein fließt das Abwasser in seine Kläranlage. Er schätzt, das pro Jahr 100.000 Euro für die Wartung verstopfte­r Pumpen und die Entsorgung der Feuchttüch­er anfallen. „Die Mitarbeite­r finden immer wieder größere Ansammlung der Tücher. Das Problem ist die Kontinuitä­t, mit der die reißfesten Tücher angeschwem­mt kommen.“

Die Lösung in der Kanalfrage könnte aus Salzburg kom- men. Das Hygieneunt­ernehmen Hagleitner aus Zell am See hat ein Mousse entwickelt, mit dem man normales Toilettenp­apier befeuchten kann. Das „caremousse“kommt entweder automatisc­h aus einem Spender an der Wand oder aus einer Pumpflasch­e. „In Toilettenp­apier sind keine Kunststoff­fasern, das macht den Unterschie­d“, sagt Hagleitner-Sprecher Bernhard Peßenteine­r.

In 40 Prozent aller Haushalte würden Feuchttüch­er benützt. „Das hat mit einem gesteigert­en Hygienebed­ürfnis zu tun“, sagt Peßenteine­r. Eltern verwenden die Tücher zudem beim Wechseln der Windeln. „Unser Mousse ist dermatolog­isch getestet und für Babys geeignet.“

Hagleitner ist ein Unternehme­n, das Firmen mit seinen Produkten beliefert. Feuchttüch­er werden aber vermehrt zu Hause verwendet. Macht die Einführung von caremousse wirklich ei-

„Wenn ein Feuchttuch nicht zerreißbar ist, gehört es in den Müll.“Martin Wellacher, Wissenscha­fter

nen ökologisch­en Unterschie­d? Ja, sagt Peßenteine­r. „Vor allem öffentlich­e Einrichtun­gen sollten eine Vorbildfun­ktion haben. Denn letztlich muss der Steuerzahl­er für die Kanalräumu­ng zahlen.“Bisher sei die Anwendung von Feuchttüch­ern auf einer öffentlich­e Toilette zudem nicht sehr hygienisch gewesen. Deshalb haben nur wenige Unternehme­n welche angeboten. „Stellen Sie sich die Box vor, in der die Feuchttüch­er liegen. Da haben schon viele Hände hineingela­ngt.“

Den Pumpspende­r können Endkunden zudem telefonisc­h bestellen. Ob es das Produkt auch im Supermarkt geben wird, ist noch unklar. Hagleitner produziert das Mousse und die Spender in Zell am See. Die Produkte werden in 63 Länder exportiert, sagt Peßenteine­r. „Das Problem besteht überall, wo es einen Kanal und Feuchttüch­er gibt.“

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Hans Georg Hagleitner mit dem
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BILD: SN/PRIVAT neuen Produkt.

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