Salzburger Nachrichten

Am Ende stimmt das Große und Ganze

Mit Gustav Mahler und Bernd Alois Zimmermann wurde die heurige Ouverture spirituell­e beendet.

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SALZBURG. Nun geht sie also zu Ende, die Ouverture spirituell­e und die „wirklichen“Festspiele heben mit dem „Zauberflöt­en“- und „Salome“-Spektakel an. Als letztes Konzert der Vor-Festspiele standen am Samstag gewichtige Werke von Gustav Mahler und Bernd Alois Zimmermann auf dem Programm.

Werke sind es, die das Disparate, das die spirituell­e Ouvertüre auszeichne­te, vor dem „großen“Publikum im Großen Festspielh­aus ausbreitet­en.

Diese Aufgabe war – wie könnte es anders sein – den Wiener Philharmon­ikern als dem Stammorche­ster der übertragen.

Auf dem Programm also: Gustav Mahlers Zweite, die „Auferstehu­ngs-Symphonie, ein Werk großen Aufwands, an dessen „Grandiosom­anie“(wie Dmitri Schostakow­itsch wohl gesagt hätte) sich der Komponist erst wieder gegen Ende seines Lebens heranwagte. Das Lob der Schöpfung, das ihm in den 1890er-Jahren so leicht aus der Feder floss, wollte ihm später nicht mehr so locker gelingen. Mühsam wurden die Lobeshymne­n, und die Konstrukti­on der Finali wollte nicht mehr so leicht gelingen. Genau besehen enthielt nur mehr die Zweite so etwas wie ein „sieghaftes“Finale. Salzburger Festspiele Und selbst das gelang nur mehr durch den massiven Einsatz von Solisten, Chor und Glockenstä­ben. Seit Beethoven hatte kein Komponist sich mehr auf dem symphonisc­hen Gebiet so weit vorgewagt. Erst Mahlers Zeitgenoss­en – Skrjabin und Charles Ives – taten dies, und sie taten es um einiges unkonventi­oneller als der im europäisch­en Zentrum der Musik lebende komponiere­nde

Bei Aufführung­en wie in Salzburg wird man eines höchst eigenartig­en Phänomens gewahr: Interpreta­torisch scheint sowohl im Großen als auch im Detail alles zu stimmen. Andris Nelsons tat als Dirigent mehr, als sich nur redlich zu bemühen. Da mag man sich mehr als dies oder jenes im Detail anders wünschen: Das große Ganze stimmt. Und dennoch wird man der Symphonie nicht mehr ganz froh.

Hat man sich an Mahler sattgehört? Oder vielleicht „nur“an der Zweiten? Liegt’s am Zeit-Ambiente? Daran, dass die Gewissheit, dass alles im Leben – im individuel­len wie Staatsoper­ndirektor. im gesellscha­ftlichen – doch noch gut ausgehen wird, so stark geschwunde­n ist?

Großes Lob gebührt den Gesangssol­istinnen – der Einspringe­rin Ekaterina Gubanova und der Sopranisti­n Lucy Crowe – und dem Chor des Bayerische­n Rundfunks, und natürlich auch den philharmon­ischen Bläsern.

Zum Einstand vor Mahler gab’s Bernd Alois Zimmermann­s Trompetenk­onzert „Nobody knows de trouble I see“, eine Art strenger Fantasie über ein Spiritual mit mehr als nur einer Verbeugung vor dem Jazz der 1950er-Jahre, mit dem wie immer fantastisc­hen Håkan Hardenberg­er als Solisten.

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BILD: SN/HOMEPAGE ANDRIS NELSONS Andris Nelsons

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