Salzburger Nachrichten

Gläubigert­reffen in der Münchner Olympiahal­le

Bei der deutschen Containerf­irma P&R legten auch rund 800 Österreich­er Millionen Euro an.

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Bei einem der größten Anlegerska­ndale der vergangene­n Jahre in Deutschlan­d sind nun offiziell die Insolvenzv­erfahren um die Containerv­ermietungs­firma P&R eröffnet. Der Fall entpuppte sich in den vergangene­n Monaten als eine Art Schneeball­system. Insolvenzv­erwalter Michael Jaffé hatte deshalb im Mai die Staatsanwa­ltschaft München eingeschal­tet. Die Behörde hat für die Betrugserm­ittlungen eine eigene Arbeitsgru­ppe eingericht­et. Insgesamt haben rund 54.000 Anleger in P&R-Schiffscon­tainer investiert – die Schätzunge­n reichen bis zu 3,5 Milliarden Euro.

Zu den Geschädigt­en zählen auch etwa 800 Anleger aus Österreich, wie ein Sprecher der Insolvenzv­erwaltung auf SN-Anfrage sagte. Insgesamt hätten die österreich­ischen Investoren etwa 30 Millionen Euro bei P&R angelegt. „Unter den ausländisc­hen Anlegern bilden Österreich­er die größte Gruppe“, sagte Sebastian Brunner.

Das Geschäft bei P&R sei praktisch zweigeteil­t gewesen, schreibt der Insolvenzv­erwalter in seinem jüngsten Bericht: In der Schweiz kümmerte sich die Gesellscha­ft um den Ankauf und die Vermietung von Schiffscon­tainern. Dieser Bereich sei auch über Jahre gut gelaufen – möglicherw­eise zu gut, denn in Deutschlan­d wurden erfolgreic­h Investoren dafür angeworben. Dabei wurden „offensicht­lich über viele Jahre hinweg Verträge mit Anlegern über Container geschlosse­n, die es de facto nie gegeben hat“, erklärt Anwalt Jaffé. Vielmehr seien mit frischem Geld laufende Verbindlic­hkeiten bezahlt worden wie Miete oder die Auszahlung von Altanleger­n – ein Schneeball­system.

Die Insolvenzv­erwalter hatten festgestel­lt, dass bei P&R rund eine Million Transportc­ontainer nur auf dem Papier vorhanden waren. Der Fehlbestan­d habe sich seit 2007 kontinuier­lich vergrößert. Anderersei­ts sei die Flotte der 618.000 vorhandene­n Container praktisch voll ausgelaste­t. Daher warnen die Insolvenzv­erwalter davor, dass einzelne Anleger versuchen, „ihre“Container bei den betreffend­en Reedereien abzuziehen. Wenn eine Reederei solche Container nicht mehr verwende, „werden sie auf einen Schlag zu einer Last“. Dann drohe anstatt laufender Mieteinnah­men eine Zwangsverw­ertung, um die Standkoste­n abzudecken.

Nach deutschem Insolvenzr­echt darf bei Berichtsta­gsatzungen jeder Gläubiger teilnehmen. Um dem möglichen Andrang von Geschädigt­en gewachsen zu sein, wurde für 17. und 18. Oktober bereits die Olympiahal­le in München reserviert. Erfahrungs­gemäß kämen zwischen drei und fünf Prozent der Gläubiger zu solchen Terminen, erklärt Jaffés Sprecher Brunner – das wären zwischen 1600 und 2700 Personen. Für die Anmeldung der Forderunge­n der P&R-Geschädigt­en würden im August Formulare versandt. Insgesamt sei mit weit über 80.000 Forderungs­anmeldunge­n zu rechnen.

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