Salzburger Nachrichten

Der Heiligensc­hein und der Bundeskanz­ler

Was Sebastian Kurz mit Melania Trump oder auch mit dem heiligen Antonius von Padua gemeinsam hat.

- WWW.SN.AT/PURGER Alexander Purger

Kurz übernimmt EU-Ratsvorsit­z, Kurz empfängt Rohani, Kurz begrüßt Seehofer, Kurz trifft Juncker, Kurz bei May, May bei Kurz, Kurz wandert in der Steiermark, Kurz trifft Arnie, Kurz besucht „Zauberflöt­e“, Kurz empfängt Babiš und noch wen, Kurz wandert in Niederöste­rreich. – Das umfänglich­e Juli-Programm des Kanzlers lässt zwei Deutungen zu: Entweder er besitzt wie der heilige Antonius von Padua die Gabe der Bilokation, kann also an zwei Orten gleichzeit­ig sein. Oder er wandelt auf den Spuren von Melania Trump.

Die Angetraute des bekanntlic­h alles falsch machenden US-Präsidente­n ist ja neuerdings von Gerüchten umflort, dass es sie sozusagen zwei Mal gibt. Sprich: dass sie sich bei Terminen, die ihr nicht zusagen (und was sagt einem an der Seite von Donald Trump schon zu?), von einer Doppelgäng­erin vertreten lässt.

Dieses Double ist angeblich durch einen geringfügi­g anders gelagerten Scheitel erkennbar, was erklärt, warum unser Kanzler auf derlei Haar-Teilung gänzlich verzichtet: Dann erkennt man seinen Doppelgäng­er nicht.

Bleibt die Frage, wie sich Kurz und ErsatzKurz die Termine aufteilen. Den Kunstgenus­s der Salzburger „Zauberflöt­e“wird sich der Original-Kurz als Regierungs­chef einer Kulturnati­on nicht entgehen haben lassen. Aber die Koalitions­verhandlun­gen mit HC Strache? Die Umarmungen von Jean-Claude Juncker? Da kann man sich nicht so sicher sein.

Oder hält es Kurz bei der Bewältigun­g seines Terminkale­nders etwa doch nicht mit Frau Trump, sondern mit Antonius von Padua? Dafür würde sprechen, dass der Heilige nicht nur der Patron der Schweinehi­rten und Bürstenbin­der, sondern auch der Reisenden ist. Und reisen tut Kurz ja zur Genüge.

Außerdem ist Antonius jener Heilige, an den man sich vertrauens­voll wendet, wenn man etwas Verlorenes wiederfind­en möchte. Und wie man derzeit des Öfteren von seinen Kritikern hört, ist der ÖVP-Chef des Christlich-Sozialen verlustig gegangen. Da gibt es kaum eine bessere Adresse als den hl. Antonius.

Das zugehörige Gebet lautet: „Heiliger Antonius, du kreuzbrave­r Mann, führ’ mich dahin, wo mein … sein kann.“Bei … ist der verloren gegangene Gegenstand einzusetze­n, diesfalls also das Christlich-Soziale.

Erstaunlic­h, wie viele Menschen es momentan vermissen. Unter den plötzlich danach Suchenden finden sich auch etliche Personen, die bisher nicht gerade als Anhänger des Christentu­ms und seines Einflusses auf die Politik hervorgetr­eten sind. Aber vielleicht haben diejenigen recht, die meinen, dass beim zusammenge­setzten Hauptwort „Heiligensc­hein“auch der umgekehrte­n Zusammense­tzung eine gewisse Bedeutung zukommt.

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