Der Heiligenschein und der Bundeskanzler
Was Sebastian Kurz mit Melania Trump oder auch mit dem heiligen Antonius von Padua gemeinsam hat.
Kurz übernimmt EU-Ratsvorsitz, Kurz empfängt Rohani, Kurz begrüßt Seehofer, Kurz trifft Juncker, Kurz bei May, May bei Kurz, Kurz wandert in der Steiermark, Kurz trifft Arnie, Kurz besucht „Zauberflöte“, Kurz empfängt Babiš und noch wen, Kurz wandert in Niederösterreich. – Das umfängliche Juli-Programm des Kanzlers lässt zwei Deutungen zu: Entweder er besitzt wie der heilige Antonius von Padua die Gabe der Bilokation, kann also an zwei Orten gleichzeitig sein. Oder er wandelt auf den Spuren von Melania Trump.
Die Angetraute des bekanntlich alles falsch machenden US-Präsidenten ist ja neuerdings von Gerüchten umflort, dass es sie sozusagen zwei Mal gibt. Sprich: dass sie sich bei Terminen, die ihr nicht zusagen (und was sagt einem an der Seite von Donald Trump schon zu?), von einer Doppelgängerin vertreten lässt.
Dieses Double ist angeblich durch einen geringfügig anders gelagerten Scheitel erkennbar, was erklärt, warum unser Kanzler auf derlei Haar-Teilung gänzlich verzichtet: Dann erkennt man seinen Doppelgänger nicht.
Bleibt die Frage, wie sich Kurz und ErsatzKurz die Termine aufteilen. Den Kunstgenuss der Salzburger „Zauberflöte“wird sich der Original-Kurz als Regierungschef einer Kulturnation nicht entgehen haben lassen. Aber die Koalitionsverhandlungen mit HC Strache? Die Umarmungen von Jean-Claude Juncker? Da kann man sich nicht so sicher sein.
Oder hält es Kurz bei der Bewältigung seines Terminkalenders etwa doch nicht mit Frau Trump, sondern mit Antonius von Padua? Dafür würde sprechen, dass der Heilige nicht nur der Patron der Schweinehirten und Bürstenbinder, sondern auch der Reisenden ist. Und reisen tut Kurz ja zur Genüge.
Außerdem ist Antonius jener Heilige, an den man sich vertrauensvoll wendet, wenn man etwas Verlorenes wiederfinden möchte. Und wie man derzeit des Öfteren von seinen Kritikern hört, ist der ÖVP-Chef des Christlich-Sozialen verlustig gegangen. Da gibt es kaum eine bessere Adresse als den hl. Antonius.
Das zugehörige Gebet lautet: „Heiliger Antonius, du kreuzbraver Mann, führ’ mich dahin, wo mein … sein kann.“Bei … ist der verloren gegangene Gegenstand einzusetzen, diesfalls also das Christlich-Soziale.
Erstaunlich, wie viele Menschen es momentan vermissen. Unter den plötzlich danach Suchenden finden sich auch etliche Personen, die bisher nicht gerade als Anhänger des Christentums und seines Einflusses auf die Politik hervorgetreten sind. Aber vielleicht haben diejenigen recht, die meinen, dass beim zusammengesetzten Hauptwort „Heiligenschein“auch der umgekehrten Zusammensetzung eine gewisse Bedeutung zukommt.