Den Dienstwagen kann Geld nicht ersetzen
In Belgien gibt es mehr Firmenautos als anderswo. Der Grund sind steuerliche Vorteile. Jetzt bietet die Regierung Steuergeld für den Verzicht darauf.
In Belgien gibt es außer Fritten und Atomium noch ein weniger bekanntes Nationalheiligtum: den Dienstwagen. Durch großzügige Steuerbegünstigungen ist ein Firmenauto für Unternehmen und Arbeitnehmer meist günstiger als eine Gehaltserhöhung. Die Praxis gibt es seit Jahrzehnten, entsprechend viele nutzen sie. Genaue Zahlen fehlen, laut Schätzungen gibt es aber 550.000 bis 670.000 Dienstautos, mehrheitlich Diesel, wobei Lieferwagen noch gar nicht mitgezählt sind. Rund 13 Prozent aller Dienstnehmer und zwei Drittel aller Manager nutzen dieses Privileg, oft in Kombination mit einer Tankkarte. Jedes Mal, wenn die belgische Regierung versucht, diese Steuervorteile zu reduzieren, die laut Opposition mehr als drei Milliarden Euro im Jahr kosten, geht ein Aufschrei durch das Land. Doch nicht nur die Staatsverschuldung von 103 Prozent würde ein Ende dieser Förderpraxis dringend notwendig machen. Gleichzeitig kämpft Belgien und besonders Brüssel mit schlechter Luftqualität und immer dichterem Verkehr. Denn die Firmenautos werden auch benutzt. Jeden Tag wälzen sich morgens unglaubliche Blechkolonnen nach Brüssel, Antwerpen und in andere belgische Städte – und abends wieder hinaus.
Seit Jahresbeginn gibt es nun die Aktion „Cash-for-car“. Wer bereit ist, seinen Dienstwagen und die Tankkarte zurückzugeben, erhält dafür eine monatliche Zulage aus Steuergeld, entsprechend dem Listenpreis des Fahrzeugs, steuerlich genauso gut gestellt. Wer etwa auf seinen VW Golf, 2017 das Lieblingsfirmenauto in Belgien, verzichtet, erhält netto 200 Euro im Monat dazu, wer einen Audi A4 zurückgibt, 320 Euro. Die flämische Zeitung „De Tijd“hat dieser Tage gemeldet, dass bisher freilich nur gezählte 23 Dienstwagenbenutzer das Angebot angenommen haben.
Offenbar war es nicht lukrativ genug.
Vorigen Freitag hat die Regierung daher ein neues Programm verabschiedet: das sogenannte Mobilitätsbudget. Es sieht ebenfalls eine Art Ablöse für Dienstwagen aus Steuergeld vor und orientiert sich am Wert des Fahrzeugs, ist allerdings flexibler. Die Summe kann für die Anschaffung eines kleineren, emissionsärmeren Pkw, eines Scooters oder E-Bikes genutzt werden, für eine Öffi-Jahreskarte, Gemeinschaftstaxis oder sogar als Zuschuss zur Miete, wenn jemand in die Nähe des Arbeitsplatzes umzieht. Bleibt Geld übrig, wird es an den Dienstnehmer überwiesen. Finanzielle Anreize für den Verzicht auf ein eigenes Auto als Beitrag zum Klimaschutz sind mittlerweile keine Seltenheit, sie kommen aber oft von den Firmen selbst. In den belgischen Medien wird nun penibel gerechnet, welche der Varianten günstiger ist. Für Belgier, die sich an den Luxus eines geräumigen Firmenwagens gewöhnt haben, möglicherweise aber keine.