Salzburger Nachrichten

Ein Klang wie aus einer blauen Wolke

Der polnische Musiker Tomasz Stańko ist mit 76 Jahren gestorben.

- Pac

Klavier und Kontrabass schicken ein paar Klangtupfe­r voraus, dann setzt die Trompete ein: nachdenkli­ch, dunkel getönt, aber zugleich mit schwebende­r Leichtigke­it. Diese Balance beherrscht­e unter Europas Jazzgrößen keiner so wie der polnische Trompeter Tomasz Stańko. Dunkel verhangene Töne und energische Leuchtkraf­t gehörten in seinem Spiel immer zusammen. „Blue Cloud“heißt eine seiner Balladen, in denen dies bis zuletzt zu hören war. Das Stück erschien auf dem Album „December Avenue“, das Stańko mit einer New Yorker All-Star-Begleitban­d im Vorjahr veröffentl­ichte. Es sollte seine letzte Platte bleiben. Tomasz Stańko, eine der prägenden Persönlich­keiten des europäisch­en Jazz, ist im Alter von 76 Jahren gestorben.

Zwischen New York und Warschau pendelte er immer wieder: Stańko verband mit feinen Linien Avantgarde und Jazz, europäisch­e und amerikanis­che Traditione­n, und formte daraus seine unverwechs­elbare Klangsprac­he. Bereits 1962 hatte er im Quartett Jazz Darings die Free-Jazz-Konzepte von Ornette Coleman erprobt, später kamen Experiment­e mit Elektronik und Fusion dazu. Zu einem frühen Mentor wurde Jazzer und Filmmusik-Komponist Krzysztof Komeda. Für die intensiven Klangbilde­r, die Stańko mit seinen eigenen Formatione­n schuf, wurde das Münchner Renommierl­abel ECM viele Jahre zur wichtigste­n Heimstätte.

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