Elfter Drogentoter in Kärnten
Seit Jahresbeginn starben in Österreichs südlichstem Bundesland überdurchschnittlich viele Menschen nach Suchtmittelkonsum. Ein Expertengipfel begibt sich nun auf Ursachenforschung.
Ein 60-jähriger Kärntner wurde in der Vorwoche tot in seinem Haus in Krumpendorf gefunden. Todesursache: eine Überdosis Drogen. Der Mann war somit die elfte Person, die seit Jahresbeginn in Kärnten am Konsum von Suchtmitteln gestorben ist. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2017 zählte man in Österreichs südlichstem Bundesland zwölf Drogentote. Die Frage drängt sich auf: Hat Kärnten ein Drogenproblem?
„Laut Auskunft der Polizei: nein. Aber es gilt dennoch die Problematik sehr ernst zu nehmen“, sagt Beate Prettner (SPÖ). Die Gesundheitsreferentin des Landes hat deshalb für den morgigen Mittwoch einen „Suchtgipfel“einberufen. „Eine eigene Kommission soll jeden einzelnen Todesfall analysieren und Risiken herausfiltern. Die enge Abstimmung zwischen Beratungsstellen und der Exekutive ist Voraussetzung für das Setzen eventuell nötiger Maßnahmen“, betont Prettner.
2016 lag Kärnten in Relation zur Einwohnerzahl bei Todesfällen infolge von Suchtgiftkonsum hinter Wien, Tirol und Vorarlberg an vierter Stelle. Für 2017 gibt es noch keine Vergleichswerte. Franz SchabusEder, Drogenkoordinator für Salzburg, verweist auf die deutlich niedrigeren Zahlen in seinem Bundesland, das in puncto Einwohnerzahl Kärnten nahezu ebenbürtig ist. „Wir hatten vor Jahren auch kurzzeitig höhere Werte. Daraus Trends zu erkennen ist allerdings problematisch“, gibt Schabus-Eder zu bedenken. „Die Zahlen sind relativ gering. Ausreißer kann es immer wieder geben.“Der Mediziner und Drogenexperte verweist diesbezüglich auf ein bundesweit gut ausgebautes Betreuungs- und Therapienetz für drogenkranke Menschen. Ziel sei es, die Betroffenen langfristig aus der Abhängigkeit zu lösen. „Da sind wir wirklich sehr gut unterwegs“, sagt Schabus-Eder.
In Kärnten ist die Aufregung dennoch groß – vor allem die politische. Die Opposition fordert härtere Vorgehensweisen sowie Strafen für Dealer. Gesundheitsreferentin Prettner will daher nun die Zügel straffer ziehen und denkt laut über zusätzliche Maßnahmen nach: „Das Ziel ist eine Bestandsaufnahme der aktuellen Problematik – und ob es Versorgungslücken gibt. Und wenn ja, wie wir diese bestmöglich beheben könnten. Ich möchte die Ergebnisse nicht vorwegnehmen. Sinn ist es ja, Inputs von den Experten zu holen.“Eine Frage, die sich laut Prettner stellt, ist, „inwieweit wir mehr niedergelassene Ärzte dazu motivieren können, Substitutionsbehandlungen anzubieten und eine wohnortnahe Versorgung aufzubauen“.
Nach Einschätzung des Landes sind zwischen 1500 und 1750 Kärntner drogenabhängig. Gut 1000 von ihnen sind im Substitutionsprogramm – soll heißen: Sie bekommen Ersatzstoffe verschrieben. Drei Millionen Euro gibt das Land nach eigenen Angaben jährlich für Therapien und 270.000 Euro für Präventionsprogramme aus.
Gottlieb Türk, Chef des Landeskriminalamts Kärnten, sieht noch einen anderen Grund für den Anstieg bei den Drogentoten: „Die Menschen nehmen zunehmend verschiedene Substanzen ein, deren Inhaltsstoffe und Wirkungen sie nicht kennen und einschätzen können.“