Wo ist der Pongauer Wolf geblieben?
Ist er weitergezogen oder längst tot? Im Mai trieb ein Wolf im Pongau sein Unwesen. Seit Wochen hört man nichts von ihm. Eine Spurensuche.
SALZBURG. So plötzlich er aufgetaucht ist, so plötzlich war er wieder weg. Nachdem es im Frühjahr täglich Meldungen über WolfSichtungen gab und keine Woche verging, in der nicht ein Bauer innergebirg gerissene Schafe zu beklagen hatte, hört man seit Wochen nichts mehr vom Wolf, der im Pongau sein Unwesen getrieben hat. Spekulationen, dass der Problem-Wolf längst das Zeitliche gesegnet hat, sprich das „Wolf-Problem“mit einem sauberen Schuss gelöst wurde, gibt es im Pongau immer wieder.
Einen illegalen Abschuss schließt Landesjägermeister Max Mayr Melnhof aber aus. „Das ist zwar nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich. Wenn das passiert wäre, dann gäbe es konkrete Hinweise in diese Richtung, und die würden auch bis zu mir vordringen.“Mayr Melnhof vermutet das Tier nach wie vor auf Salzburger Gebiet, und zwar wohlauf. Schließlich sei der Abschuss eines Wolfes auch für einen Jäger alles andere als einfach: „Dieses Tier ist dafür viel zu schlau“, sagt der Landesjägermeister.
Der Wolf könnte sich in höheren Lagen zurückgezogen haben. „Das ist nichts Außergewöhnliches.“Auch dort fänden die Tiere genügend Nahrung. „Wir haben auf dem Untersberg rund 150 Schafe, die dort den Sommer verbringen.“Es werde zwar einmal pro Woche Nachschau gehalten, aber „wenn da ein paar fehlen, dann fällt das erst im Herbst auf, wenn sie wieder ins Tal getrieben werden“.
Kadaver würden im unwegsamen Gelände meist unentdeckt bleiben. „Das merken wir am ehesten daran, wenn sich an einer Stelle plötzlich zwei, drei Tage Kolkraben oder Weißkopfgeier aufhalten“, erklärt Mayr Melnhof. Außerdem ernähre sich der Wolf nicht nur von Schafen, sondern auch von Wild.
Sechs Mal schlug der Wolf im April und Mai 2018 zu (siehe Kasten). 17 Ziegen und Schafe wurden bei diesen Attacken von ein und demselben Wolf getötet. Das ergaben DNA-Analysen. Demnach handelt es sich bei dem Tier um einen jungen, aber erwachsenen männlichen Wolf, der aus Westeuropa nach Österreich gekommen ist. Ein solches Exemplar hat kürzlich auch im oberösterreichischen Mühlviertel sowie in Weyer im Traunviertel zugeschlagen. Das ergab eine DNA-Auswertung. „Auch dort gab es Risse“, erzählt Salzburgs
„Einen Wolf zu erlegen ist nicht einfach. Der ist viel zu schlau.“Max Mayr Melnhof, Landesjägermeister
Wolfsbeauftragter, Historiker und Nebenerwerbslandwirt Hubert Stock, der selbst Geschädigter ist. Am 1. Mai fand er auf seinem Hof in Werfen-Tenneck vier tote Lämmer. Ein Erlebnis, das Spuren hinterlassen hat. „Natürlich ist man danach erst einmal sehr emotional.“Inzwischen habe sich die Angst um seine Tiere ein wenig gelegt. „Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es meine Tiere heuer nicht noch einmal erwischen.“
Doch zurück zum Verbleib des Wolfes. Für Stock ist es wahrscheinlich, dass es sich bei dem Wolf in Oberösterreich um den „Salzburger“Wolf handelt. Eine zusätzliche entsprechende DNAAuswertung sei zwar in Oberösterreich aus Kostengründen nicht veranlasst worden. Doch der Verdacht liege sehr nah, dass es sich um dasselbe Tier handle.
Auch wenn der Wolf in Salzburg derzeit nicht auftaucht, so sei es nur eine Frage der Zeit, bis er zurückkehre, sagt Mayr Melnhof. „Das ist erst der Anfang. Wir werden schon bald ein Rudel mit bis zu zehn Tieren hier haben.“Im Norden und Süden Europas seien riesige Wolfspopulationen mit bis zu 30.000 Tieren unterwegs, von denen einige auch nach Österreich kommen werden. Eine Entwicklung, die noch massive Konflikte nach sich ziehen werde, ist Mayr Melnhof überzeugt.
Derweil wird in Salzburg noch einem Verdachtsfall nachgegangen. Am 16. Juli wurden drei tote Schafe in Neukirchen am Großvenediger gefunden. Die Ergebnisse der Auswertung der DNAProben sind noch ausständig. Meldungen über Wolfsichtungen in Hüttau und Zell am See liegen vor, sind derzeit aber nicht bestätigt.