Neuer Chef übernimmt AUA im Steigflug
Alexis von Hoensbroech will die Lufthansa-Tochter rentabler machen. Die Vorzeichen sind gut und schwierig zugleich.
WIEN, SALZBURG. Kay Kratky, der scheidende Chef der Austrian Airlines, hat seinem Nachfolger am Dienstag zum Abschied einen Höhenmesser geschenkt, wie das in der Branche üblich ist. Alexis von Hoensbroech (sprich: Hunsbruch), der die Lufthansa-Tochter ab heute leitet, weiß, wie wichtig das Instrument in der Luftfahrt ist, das dem Piloten anzeigt, wie viel „Manövriermasse“er unter den Flügeln hat.
Besonders groß ist der Spielraum der AUA nach den Betriebsversammlungen wegen des neuen Kollektivvertrags, wetter- und technikbedingten Flugausfällen und steigenden Treibstoff- und Personalkosten nicht. Für das erste Halbjahr weist sie zwar schwarze Zahlen aus. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) ist mit einer Mill. Euro deutlich geringer als 2017 (acht Mill. Euro). Der Umsatz blieb mit einer Mrd. Euro de facto stabil, wobei die Zahl der Passagiere um fast zehn Prozent auf 6,4 Mill. gestiegen ist.
Im Gesamtjahr wird das Ergebnis der AUA laut ihrem – ebenfalls neuen – Finanzchef Wolfgang Jani wieder „deutlich positiv“sein, wenn auch leicht unter dem Ergebnis des Vorjahrs, nicht zuletzt wegen der höheren Kerosinpreise. 2017 hatte der Betriebsgewinn den Rekordwert von 100 Mill. Euro erreicht.
Aus Sicht des neuen Chefs, der derzeit mit seiner Frau und seinen fünf Kindern von Frankfurt nach Wien übersiedelt, ist die Austrian eine „Fluglinie im Steigflug“. Dass es dabei auch Turbulenzen geben könne, sei bekannt. Der 47-jährige promovierte Astrophysiker und gelernte Unternehmensberater hat in den vergangenen drei Jahren die Lufthansa Cargo wieder rentabel gemacht. Zuvor hat er das größte europäische Drehkreuz der Lufthansa in Frankfurt geleitet.
Auch bei der AUA geht es darum, die Rentabilität zu steigern und vor allem den Abstand zu den Schwestergesellschaften im Konzern wie der Swiss zu schließen. Die Fluglinie müsse nach Jahren der Konsolidierung wieder „investitionsfähig“werden. Das entsprechende strategische Konzept will Hoensbroech bis Jahresende ausarbeiten. Ich nehme das mit den 100 Tagen schon ziemlich ernst“, sagte der neue AUA-Boss. Das Gerangel der Billigflieger in Wien – wo sich zu Laudamotion/Ryanair, Wizz Air, Easyjet Mitte Juli auch die British/Iberia-Marke Level gesellt – mache es für die AUA nicht einfacher. „Aber wir lassen uns nicht übermäßig verunsichern und wissen, welche Position wir haben“, sagte der Deutsche mit niederländischen Wurzeln.
Die AUA muss früher oder später in ihre Langstreckenflotte investieren. Zur Zeit hat sie 85 Flugzeuge, darunter 12 für Langstrecken – von denen einige schon ein gewisses Alter haben –, „und keines auf der Bestellliste“, so Hoensbroech. Zuletzt wurden die Fokker durch Embraer ersetzt. Seit Mai ist eine weitere Boeing im Einsatz, die vor allem auf der erfolgreich wieder aufgenommen Strecke nach Tokio (Hongkong und Havanna wurden wieder eingestellt) eingesetzt wird.
Rasch muss die Airline neues Flugpersonal ausbilden, weil von den 1200 Piloten rund 300 von der Mutter Lufthansa geliehen sind und sukzessive zurückkehren. Aktuell sucht man 20 Anwärter für die Ausbildung. Im ersten Halbjahr wurden 400 neue Mitarbeiter aufgenommen, überwiegend Flugbegleiter.
Kratky, der entsprechend der Lufthansa-Konzernpolitik mit 60 Jahren ausscheidet, appelliert zum Abschied an die Branche, sich dringend mit den Engpässen im europäischen Luftraum zu beschäftigen. Das System Luftfahrt sei „am Rande der Kapazität angekommen“, sagt der scheidende AUA-Chef. An bestimmen Knotenpunkten könnten die Flüge nicht mehr vollständig aufgenommen werden. Das sei „nicht das Versäumnis eines Einzelnen, sondern der Industrie“und der Politik. Was Kratky anspricht, ist die nicht verwirklichte Zusammenlegung der Lufträume über Europa, bekannt unter dem Stichwort Single European Sky. Eine der Folgen: An den wichtigsten Knotenpunkten wie Frankfurt oder Karlsruhe fehlen Hunderte Fluglotsen. Das führt immer öfter zu Verzögerungen und Flugausfällen, weil es zu wenig Platz am Himmel gibt. Es müsse gelingen, „in Anbetracht der eskalierenden Situation “schnell zu Lösungen zu kommen.