Was man als Patient so alles erlebt
Fünf Beispiele dafür, welche Reformen das Gesundheitssystem braucht und welche nicht.
Patienten erleben im österreichischen Gesundheitssystem mitunter die seltsamsten Dinge. Einige Beispiele gefällig?
Ein Patient geht mit einer schmerzenden Hand zum Orthopäden. Dieser stellt eine Diagnose, rät zu einem kleinen Eingriff und schreibt eine Überweisung in die Ambulanz des Wiener AKH. „Aber ich sage Ihnen gleich, da müssen Sie eine Nacht drinnenbleiben“, fügt der Orthopäde hinzu. – „Wieso“, fragt der Patient, „ich dachte, es ist nur ein kleiner Eingriff, der ambulant möglich ist?“– „Ja, schon“, antwortet der Arzt, „es ist ja nur, damit es sich auszahlt.“– „Auszahlt für wen?“– „Na, für den Spitalserhalter.“
Beispiel 2: Ein Patient geht in eine Ordination, um sich einen Arzttermin auszumachen. „Der nächste freie Termin ist in drei Monaten“, sagt die Dame beim Empfang. „Aha“, antwortet der Patient. „Und was ist, wenn ich privat komme?“– „Dann kann ich Ihnen einen Termin heute Nachmittag oder morgen früh anbieten.“
Beispiel 3: Eine Patientin mit Zahnfehlstellung geht nach einer ersten Diagnose zu einem anderen Arzt, um eine zweite Meinung zu hören. Vom ersten Arzt nimmt sie einen kompletten Satz Röntgenaufnahmen mit. „Egal, da machen wir jetzt ein Panorama-Röntgen“, sagt die Assistentin. „Ich habe doch eh alles mit“, erwidert die Patientin, „ein neuerliches Röntgen ist eine völlig sinnlose Ausgabe.“Die Assistentin blickt sie verständnislos an: „Aber das zahlt doch eh die Krankenkasse!“
Beispiel 4: Ein Patient kommt wegen einer Terminvereinbarung in eine Gruppenordination. Die Sekretärin beginnt aufzuzählen: „Sie können zum Doktor Soundso gehen oder zum Professor Soundso …“– „Ich bin Kassenpatient, kann ich da wirklich auch zum Professor gehen?“, fragt der Patient. „Selbstverständlich“, antwortet die Sekretärin. „Aber wenn Sie privat kommen, hat der Herr Professor natürlich mehr Zeit für Sie.“
Diese vier Beispiele sagen nichts über die Qualität des heimischen Gesundheitswesens aus, wohl aber etwas über seinen Reformbedarf: Die Versicherung, dass es in Österreich absolut keine Zweiklassenmedizin gäbe, scheint nicht ganz zu stimmen; das Kostenbewusstsein scheint verbesserungsbedürftig zu sein; und die komplizierten Finanzierungsströme führen zu Dysfunktionen, die der Rechnungshof schon oft beschrieben hat.
Reformen sind also dringend notwendig. Sie müssen wohl in Richtung einer zentralen Steuerung des Gesundheitswesens gehen, ohne deshalb in Zentralismus zu verfallen.
Dazu Beispiel 5: Gespräch mit einem Bekannten in einer Salzburger Bezirkshauptstadt. „Was wirst du in der Pension machen?“– „Wenn das Spital hier erhalten bleibt, bleibe ich da in meinem Heimatort. Wenn man es zusperrt, ziehe ich weg. Denn im Alter möchte ich in der Nähe eines Spitals sein.“