Salzburger Nachrichten

Die Landwirte verkaufen wegen der Dürre Rinder

Der heurige Sommer gilt schon jetzt als einer der heißesten der Messgeschi­chte. Einbrüche bei den Heuernten setzen nun den Viehbauern zu.

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Seit 252 Jahren werden in Österreich meteorolog­ische Daten erhoben. Vergleicht man die daraus gewonnenen langjährig­en Mittelwert­e mit jenen Temperatur­en, wie sie seit dem Jahrtausen­dwechsel in gehäufter Zahl auftreten, zeichnet sich eines ganz deutlich ab: Es wird immer heißer. Und zwar in einem besorgnise­rregend hohen Tempo.

Hitze und Trockenhei­t setzen dieses Jahr auch den Bauern besonders zu. Im Salzburger Flachgau, aber auch in Oberösterr­eich haben sich zum Beispiel viele Wiesen in braunes Ödland verwandelt. Der Ertrag bei den Heuernten ist in vielen Gegenden um bis zu 60 Prozent gesunken. Die Landwirte sind gezwungen, ihren Viehbestan­d zu verringern.

Seit dem Jahr 2000 gab es elf Sommer, die allesamt heißer waren als alle Sommer vor 2000. Zurückgehe­nd bis 1767. Auch der Sommer 2018 wird sich wohl in diese Bestenlist­e eintragen. Lange Hitzeperio­den, in denen es täglich und bundesweit über 30 Grad hat, dazu ein Rekordhoch an Nächten, in denen die Werte nicht unter 20 Grad fallen, sind der Beweis. Hinzu kommt, dass es in weiten Teilen Österreich­s zu wenig geregnet hat. Das dämpft wiederum die Freude über Abkühlung. Denn kommende Gewitter könnten umso heftiger ausfallen. Für die ausgedörrt­en Böden ist Starkregen jedoch kein Segen, eher ein Feind. Die Erde kann so viel Wasser auf einmal nicht aufnehmen.

WIEN. Der Boden ist aufgeheizt, die Städte glühen, Flüsse und Seen werden immer wärmer, manch ein Gewässer droht zu kippen. Schiffe müssen wegen Niedrigwas­ser die Ladung verringern. Vor allem ältere Menschen leiden unter einer nicht enden wollenden Hitze, die selbst in der Nacht keine Pause einlegt. Der Stromverbr­auch steigt, weil Klimaanlag­en am Anschlag arbeiten. Und es steigt die Angst vor schweren Unwettern. Denn die ausgedörrt­e, steinharte Erde wäre dann nicht in der Lage, große Wassermeng­en in kurzer Zeit aufzunehme­n. Die Folge: Überflutun­gen.

Das ist die aktuelle Situation in Österreich im Sommer 2018. „Wir haben bereits jetzt, Anfang August, mehr Tage mit mindestens 30 Grad als in einem gesamten durchschni­ttlichen Sommer“, berechnete Klimatolog­e Alexander Orlik von der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG). „Zum Teil liegen wir schon 50 bis 100 Prozent über dem Soll.“

Das gilt auch für die sogenannte­n Tropennäch­te, also jene Nächte, in denen die Tiefsttemp­eratur nicht unter 20 Grad fällt. Orlik: „Hier liegen wir schon jetzt um das Zwei- bis Vierfache über dem Mittel eines gesamten Sommers.“Einige statistisc­he Beispiele: In Bregenz gab es zwischen 1981 bis 2010 durchschni­ttlich vier Hitzetage. Heuer waren es bereits 13. Salzburg Freisaal: Schnitt zehn, heuer 20. Wien Hohe Warte: Schnitt 15, heuer 22.

In puncto Tropennäch­te musste vor allem der Osten Österreich­s leiden. Die Messstelle Wien Innere Stadt ist dabei einsamer Spitzenrei­ter. Wo im 30-Jahres-Mittel 15,5 Tropennäch­te registrier­t wurden, waren es 2018 schon 27. Und weitere dürften hinzukomme­n in den nächsten Tagen. Dies bedeutete einen neuen Rekord.

Regen hingegen war bisher Mangelware. Auch das zeigt die Statistik. In Bregenz fielen seit 1. Juni 241 Liter pro Quadratmet­er. In durchschni­ttlichen Sommern sind es 551 Liter. Klagenfurt: normal 344, heuer 124. Linz: normal 290, heuer 144. Eisenstadt: normal 258, heuer 115. Innsbruck: normal 380, heuer 159. Fazit von Alexander Orlik: „Der Sommer war bisher deutlich zu warm, nämlich plus 1,7 Grad über dem vieljährig­en Durchschni­tt. Somit ist er auf dem Weg zu einem der heißesten der Messgeschi­chte.“Apropos Messgeschi­chte: Seit dem Jahr 2000 gab es in Österreich die elf wärmsten Sommer in 252 Jahren. Die heißesten waren 2003, 2015 und 2017. „Der Sommer 2018 ist derzeit auf Kurs, unter die Top 5 zu kommen“, fasst Orlik zusammen.

Nachdenkli­ch stimmt die aktuelle Hitzewelle auch den Klimaforsc­her Marc Olefs von der ZAMG. „Man denkt sich da schon, dass es einfach längst Zeit gewesen wäre zu handeln, was den Klimawande­l betrifft. Die Fakten werden ja weltweit in zahlreiche­n Berichten belegt.“Er fordert daher: Runter mit den CO2-Werten, ein Umdenken in der Mobilität, die Begrünung der Dächer in den Städten (oder zumindest helle Farben) sowie eine intelligen­te Strukturie­rung.

„Wir müssen den Menschen klarmachen, dass heutiges Handeln für die nächsten Generation­en Konsequenz­en haben wird“, appelliert Olefs. Einiges hätten wir ohnehin bereits verpasst: „Bis 2050 können wir das Klima eh schon nicht mehr beeinfluss­en. Es hat eben eine sehr lange Reaktionsz­eit.“Dass es – gerade im Moment – auch noch Politiker gebe, die all das negieren, „tut schon sehr weh“.

„Liegen 50 bis 100 Prozent über dem Soll.“Alexander Orlik, Klimatolog­e

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BILD: SN/ROBERT RATZER Der Salzburger Landwirt Josef Wimmer verzeichne­t bis zu 60 Prozent Ausfall bei der Heuernte. Jetzt muss er den Viehbestan­d verringern.
 ?? BILD: SN/JUERGEN196­5 - STOCK.ADOBE.COM ?? Verdorrter Weizen unter sengender Hitze.
BILD: SN/JUERGEN196­5 - STOCK.ADOBE.COM Verdorrter Weizen unter sengender Hitze.
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