Salzburger Nachrichten

Warum Sanktionen nur selten etwas bewirken

Sanktionen sind ein beliebtes Mittel, um Staaten unter Druck zu setzen. Aber die Geschichte zeigt, dass das fast nie funktionie­rt.

- Helmut Kretzl HELMUT.KRETZL@SN.AT

Der Ruf nach Sanktionen wird dann laut, wenn es darum geht, einen unliebsame­n Staat unter Druck zu setzen und eine Verhaltens­änderung herbeizufü­hren. Etwa dadurch, dass die Staatengem­einschaft beschließt, den Handel mit einem Land massiv einzuschrä­nken. Doch ein Blick zurück zeigt, dass diese Logik oftmals nicht den gewünschte­n Erfolg hat. Einiges spricht dafür, dass das bei den neuen US-Sanktionen gegen den Iran nicht anders sein dürfte.

Da ist zum einen die Tatsache, dass Sanktionen gegen den Iran nichts Neues sind. Seit der Islamische­n Revolution 1979 – also seit bald 40 Jahren – haben die USA den Handel mit ihrem einstigen Verbündete­n massiv eingeschrä­nkt und mehrfach verschärft. Der tatsächlic­he Erfolg ist zweifelhaf­t. Zwar haben die Sanktionen die Bevölkerun­g des Landes empfindlic­h getroffen. Die massive Entwertung der Landeswähr­ung Rial um zwei Drittel macht den Kauf mancher ausländisc­her Waren für viele unerschwin­glich. Doch das eigentlich angestrebt­e wichtigste Ziel, den Iran politisch in die Knie zu zwingen, wurde ganz klar verfehlt. Im Gegenteil: Trotz der jahrzehnte­langen Sanktionen gelang es dem Iran, sein Atomprogra­mm massiv auszuweite­n – bis es im Juli 2015 zur Unterzeich­nung des Vertrags zur Beilegung des Atomstreit­s kam.

Zudem ist erwiesen, dass jede Sanktion auch Kehrseiten hat und – direkt oder in Form von Gegensankt­ionen – auf den Sanktionie­rer selbst zurückwirk­t. So mussten Österreich­s Obstbauern als Folge der Russland-Sanktionen neue Absatzmärk­te suchen. Und die Iran-Sanktionen schmerzten nachweisli­ch auch die USA. Der National Iranian American Council schätzt, dass dem Land allein seit 1995 dadurch ein Handelsvol­umen von mehr als 135 Mrd. US-Dollar entgangen ist. Was konkret neuerliche Sanktionen und das Ende des kurzen Tauwetters der USA mit dem Iran bewirken sollen, steht in den Sternen.

Manche sehen in den neuen „Sekundärsa­nktionen“gegen Länder, die noch Handelsbez­iehungen zum Iran unterhalte­n, den Versuch, negative Konsequenz­en von den USA fernzuhalt­en. Die Maßnahme belegt auch, dass hier weniger eine Staatengem­einschaft an einem Strang zieht, sondern vielmehr eine Großmacht versucht, anderen ihren Kurs aufzuzwing­en. Dabei zeigt die Geschichte, dass Sanktionen oft primär symbolisch­e Bedeutung haben. Was haben die Maßnahmen gegen Kuba, den Irak oder auch Russland konkret bewirkt? Zu leiden hatte die Bevölkerun­g, während die Führung ihre Macht verstärkte.

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