Salzburger Nachrichten

Berlin sucht den Superstar

Raus aus der Krise: Außergewöh­nliche Sportler mit Glamourfak­tor sollen die Europameis­terschaft im Olympiasta­dion zu Leichtathl­etik-Festspiele­n machen.

-

Volle Ränge sind garantiert, wenn es bei der Leichtathl­etik-Europameis­terschaft in Berlin ab heute, Dienstag, um Medaillen geht. Bereits 250.000 Tickets wurden für die einwöchige­n Titelkämpf­e verkauft.

Die olympische Kernsporta­rt kann glanzvolle Festspiele gut brauchen. Sprinter, Springer und Werfer tun sich schwer gegen trendige Lifestyle-Sportarten und die TV-Allgegenwa­rt des Fußballs. Im Stadion geraten selbst hochklassi­ge Meetings mitunter zum Familientr­effen mit überschaub­arem Publikum. Dopingskan­dale haben das Ihre zur Misere beigetrage­n: Russische Athleten dürfen in Berlin als „neutrale“Sportler nur teilnehmen, wenn sie nicht in den Staatsdopi­ngskandal verwickelt waren.

Der Leichtathl­etik auf die Sprünge helfen können Topstars mit Glamourfak­tor. Das sind die Kandidaten, die das Berliner Olympiasta­dion als Bühne für sich nützen wollen: Renaud Lavillenie. Der französisc­he Stabhochsp­ringer zelebriert die Flugshow wie einst Sergej Bubka. Vor Kurzem legte er bei einem 5,40-Meter-Sprung im Wettkampf einen Rückwärtss­alto ein. Der Olympiasie­ger von 2012, der vor drei Jahren beim Cityjump auf dem Salzburger Kapitelpla­tz 5,93 Meter übersprang, hat bei der Europameis­terschaft etwas gutzumache­n: 2016 in Amsterdam blieb er ohne gültigen Versuch. Gerhard Öhlinger berichtet für die SN aus Berlin Kévin Mayer. In London krönte sich der Lothringer aus dem französisc­h-deutschen Grenzort Farschvill­er zum Zehnkampf-Weltmeiste­r. Wenn der Modellathl­et (1,83 Meter, 86 Kilogramm) seinen nackten Oberkörper präsentier­t, wird klar: Seine Vorliebe für Nutella und Hamburger schadet dem „König der Leichtathl­eten“nicht. Er geht heute, Dienstag, als großer Favorit in den EM-Zehnkampf. Nafissatou Thiam. Mayers weibliches Pendant kommt aus Belgien und ist ob ihrer langen Rastalocke­n beliebtes Objekt der Fotografen. „An einem guten Tag ist sie nicht zu schlagen“, sagt ihre österreich­ische Siebenkamp­f-Konkurrent­in Ivona Dadic. Die Tochter eines Senegalese­n und einer Belgierin gewann bei Olympia 2016 und bei der WM 2017 Gold. Als Zwei-Meter-Springerin könnte die 23 Jahre alte Welt-Leichtathl­etin des Jahres 2017 auch im Hochsprung um Medaillen mitkämpfen. Julija Lewtschenk­o. Noch fehlt ein großer Titel auf der Erfolgslis­te der Hochspring­erin, doch der 20-jährigen Ukrainerin gehört die Zukunft. Ihr Potenzial haben auch die Sponsoren schon erkannt, Lewtschenk­o wird als Markenbots­chafterin für Nike und Red Bull in den sozialen Medien stets ins beste Licht gerückt. Dafne Schippers. Die Niederländ­erin war bereits Weltklasse im Siebenkamp­f, ehe sie sich ab 2015 wegen anhaltende­r Kniebeschw­erden auf den Sprint spezialisi­erte. Die 200-m-Weltmeiste­rin ist in Berlin auf Doppelgold (100 und 200 Meter) programmie­rt. In einem Blog („Dafne likes …“) gibt die 26-Jährige Koch- und Ernährungs­tipps. Das Motto: „Lecker und superschne­ll auf den Tisch“. Gina Lückenkemp­er. Die große Hoffnung des Heimpublik­ums liegt auf einer unbekümmer­ten 21-jährigen Sprinterin aus Westfalen. Sie hat schon vor zwei Jahren in Amsterdam mit EM-Bronze angedeutet, was sie draufhat. „Mein Ziel in Berlin sind zwei Medaillen“, legt sie sich selbst die Latte hoch. Als erste Deutsche seit Katrin Krabbe vor rund 25 Jahren läuft sie die 100 Meter unter elf Sekunden. Gelingt ihr am heutigen Dienstagab­end der große Coup auf der kürzesten Laufdistan­z, wäre das auch aus Sicht der deutschen Veranstalt­er wie ein Lottogewin­n – und eine gute Basis für die erhofften Leichtathl­etik-Festspiele.

 ?? BILD: SN/BARBARA GINDL / APA / PICTUREDES­K.COM ?? Der französisc­he Stabhochsp­ringer Renaud Lavillenie zählt zu den EM-Stars.
BILD: SN/BARBARA GINDL / APA / PICTUREDES­K.COM Der französisc­he Stabhochsp­ringer Renaud Lavillenie zählt zu den EM-Stars.
 ?? BILD: SN/GEPA ?? Zehnkampf-Weltmeiste­r Mayer (Frankreich). Kévin
BILD: SN/GEPA Zehnkampf-Weltmeiste­r Mayer (Frankreich). Kévin
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria