Stille Nacht, bedrohliche Nacht
Scheinbar friedliche Bilder zeigen in einer Schau zum „Stille Nacht!“-Jahr, wie politische Krisen ins Private vordringen.
Die Bilder wirken auf den ersten Blick friedlich. Alles schläft. Einsam wacht eine Katze auf einem Sofa. Kleidungsstücke liegen herum. Ein Fernseher und eine angebrochene Cola-Flasche deuten auf trautes Alltagsleben hin.
Eine ganze Wand füllen die Fotos in Schnappschuss-Ästhetik aus. Was der Fotograf Edmund Clark mit ihnen dokumentiert, wird aber erst durch die ergänzenden Texte klar, die an der Wand nebenan hängen: Es sind Vorschriften des britischen Innenministeriums für die Insassen der Wohnung, und Tagebücher eines Mannes, der hier unter Arrest stand. Clark durfte in einem jener geheimen Häuser fotografieren, an denen die britischen Behörden 2005 bis 2012 vorsorglich Personen festhielten, gegen die es Verdachtsmomente gab, mit Terror in Verbindung zu stehen. Ein Gesetz zur Terrorprävention habe diese Form des Arrests ohne Strafverfahren und ohne Bekanntgabe der Grundlagen für die Vorwürfe ermöglicht, erläutert Peter Schreiner. Gemeinsam mit Nadine Weixler hat er eine Ausstellung im Salzburger Fotohof kuratiert, in der Edmund Clarks kafkaeskes „Control Order House“sowie Arbeiten von fünf weiteren (Foto-) Künstlern zu sehen sind.
Miteinander verbunden sind sie durch die Frage, wie große politische Krisen und Interessen das individuelle Leben bestimmen oder bedrohen können, sagt Nadine Weixler. Dabei ist der Anlass eigentlich friedlich: Die Ausstellung „In the Still of the Night“ist eines der Projekte zum „Stille Nacht!“-Jubiläumsjahr. Die Friedensbotschaft des 1818 uraufgeführten Liedes sei ebenfalls in einer Zeit entstanden, in der politische Konflikte tief in private Lebensräume vordrangen, erläutern die Kuratoren. Wie zeitlos aktuell die Fragen nach der Beziehung von Macht und Individuum sind, wollen sie nun mit zeitgenössischer Fotokunst zeigen.
Der syrische Künstler Hrair Sarkissian etwa demonstriert in der Arbeit „Homesick“die Zerstörung seiner Heimat am Beispiel seines Elternhauses in Damaskus. Und in den Bildern von Ahlam Shibli, einem Auftragswerk für die jüngste documenta, wird sichtbar, wie dauerhaft der Konflikt zwischen Israel und Palästina ins Alltagsleben eingezogen ist. Nicht nur Barrieren sind auf ihren Bildern aus Hebron überall zu sehen. Manchmal werden ausrangierte Sperrgitter auch in Wohnungen umfunktioniert. Ausstellung: