Salzburger Nachrichten

Wie unabhängig muss eine Notenbank sein?

Mächtige Politiker wollen ihren Notenbanke­n Weisungen erteilen. Warum das in Österreich wohl nicht der Fall sein wird.

- Helmut Kretzl HELMUT.KRETZL@SN.AT

Der zeitliche Zusammenfa­ll ist zufällig, aber doch bemerkensw­ert. Da nominiert die Bundesregi­erung die neuen Personen für die Spitzenjob­s in der Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) just zu einem Zeitpunkt, da die Unabhängig­keit von Notenbanke­n internatio­nal thematisie­rt wird. Erst am Montag hatte US-Präsident Donald Trump den von ihm selbst ernannten Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, massiv kritisiert. Er sei nicht begeistert über dessen Politik, die US-Leitzinsen weiter anzuheben, sagte Trump. Die Notenbank solle ihm doch gefälligst im Zollstreit helfen. Gefährdet ist auch die Unabhängig­keit der Türkischen Zentralban­k. Die hat sich zuletzt mit einem Trick beholfen, um nicht offen gegen Präsident Erdoğan zu agieren, der eine – ökonomisch sinnvolle – Erhöhung der Leitzinsen vehement ablehnt. Um also Banken nicht mit unrealisti­sch tiefen Zinsen versorgen zu müssen, vergab die Notenbank einfach gar kein Geld mehr an Geschäftsb­anken.

In modernen westlichen Marktwirts­chaften ist die Unabhängig­keit einer Notenbank unantastba­r, offene Interventi­onen oder Weisungen der Politik sind tabu. Dass es in der politische­n Diskussion freilich Wünsche und Appelle von Interessen­vertretern an die Währungshü­ter geben kann, steht auf einem anderen Blatt. Freie Meinungsäu­ßerung ist erlaubt – unter der Prämisse, dass die Notenbank trotzdem unbeirrt ihren für richtig befundenen Weg gehen kann.

Nun finden bei der Nationalba­nk personelle Weichenste­llungen statt. Anders als in den USA oder der Türkei ist damit keine Einflussna­hme auf die Geldpoliti­k verbunden, weil die von der Europäisch­en Zentralban­k in Frankfurt gemacht wird. Der politische Einfluss beschränkt sich auf die Auswahl des Führungspe­rsonals der staatliche­n Nationalba­nk. Dass sich ein Richtungsw­echsel in der Regierung auch in der Besetzung handelnder Personen in öffentlich­en Institutio­nen spiegelt, ist nicht neu. Bei der OeNB heißt das jetzt eben: Rot kommt raus, Blau kommt rein. Und Schwarz bleibt Schwarz/Türkis.

Dass sich am Kurs der OeNB viel ändert, ist nicht zu erwarten, auch nicht mit dem Wechsel von Ewald Nowotny zu Robert Holzmann. Er hat als künftiger Gouverneur im EZB-Rat einen Sitz und eine Stimme. Wie er seine Rolle anlegt, wird man sehen, fachlich ist gegen ihn nichts einzuwende­n. Das neue Präsidium mit Harald Mahrer und Barbara Kolm kümmert sich um Aufgaben jenseits der Geldpoliti­k. Man kann wohl davon ausgehen, dass sie den Sparkurs ihrer Vorgänger innerhalb der Bank fortsetzen werden.

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