Salzburger Nachrichten

Warum es ein Sommer der Rekorde war

Die Meteorolog­en und Klimaforsc­her verzeichne­n in diesem Sommer Rekordtemp­eraturen. Sie erklären die Gründe dafür auch mit einem besonderen Wetterphän­omen.

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In den vergangene­n Tagen hat dieser außergewöh­nlich schöne Sommer noch einmal gezeigt, was er kann. Ab heute, Donnerstag, werden erste Gewitter eine kühlere Wetterphas­e einläuten. Am Wochenende sollen die Temperatur­en kaum noch 20 Grad erreichen. Wie außergewöh­nlich dieser Sommer war, zeigen die Zahlen der Zentralans­talt für Meteorolog­ie (ZAMG). „Im Großteil Österreich­s gab es bisher schon rund doppelt so viele Tage mit mindestens 30 Grad Celsius wie in einem durchschni­ttlichen Jahr“, betont ZAMG-Klimatolog­e Alexander Orlik. Die Zahl der Sommertage (mindestens 25 Grad) liegt ebenfalls deutlich über den durchschni­ttlichen Werten, an manchen Messstatio­nen um bis zu 50 Prozent. Einige Beispiele: In Wien Innere Stadt gab es bisher (inklusive Dienstag) 95 Sommertage, in der Stadt Salzburg 64, in Bregenz 78.

Warum es in Europa so anhaltend heiß war, ist auf das sogenannte Blockadewe­tter zurückzufü­hren. Das ist das eine spezielle Wetterlage, die nahezu unveränder­t bleibt. Hans Joachim Schellnhub­er, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolge­nforschung (PIK), erklärt dieses Phänomen: „Riesige Luftströme umkreisen unsere Erde in der oberen Troposphär­e. Angeheizt von den menschgema­chten Treibhausg­asemission­en, werden diese natürliche­n Zirkulatio­nsmuster von der globalen Erwärmung verzerrt.“Normalerwe­ise schwingen diese Wellen, die Ketten von Hoch- und Tiefdruckg­ebieten transporti­eren, von West nach Ost zwischen Äquator und Nordpol. „Doch wenn sie durch einen subtilen Rückkopplu­ngseffekt festgehalt­en werden, verlangsam­en sie sich, sodass das Wetter in einer bestimmten Region hängen bleibt.“

Außergewöh­nlich ist das Wetter auch für die Landwirte. Während es bei der Heu- und Getreideer­nte zum Teil große Dürreschäd­en gibt, jubeln die Obstbauern. So soll es zum Beispiel bei den Zwetschken ein Rekordjahr geben.

Blockadewe­tter nennt man die – nun zu Ende gehende – Wetterlage. Das ist ein großes Wetter, das einfach nicht wegzieht. Effekt in Europa: anhaltende Hitze.

Ob Regen oder Sonnensche­in – das Wetter im Sommer in Nordamerik­a, Europa und Teilen Asiens bleibt gewöhnlich länger das gleiche. Doch wenn sich Wetterlage­n nicht nur für mehrere Tage, sondern viele Wochen festsetzen, führen sie zu Extremen. Dann erleben wir Hitzewelle­n wie gerade eben in Europa, die zu extremen Dürren führen. Lang anhaltende Hitze ist nicht nur eine Gefahr für die Menschen, sie löst Waldbrände aus. Wie vor Wochen in Norwegen und seit Wochen in Kalifornie­n. Umgekehrt erleben wir jetzt in Indien durch heftige Regenfälle verursacht­e Überschwem­mungen. Es sei ein Jahrhunder­tereignis, sagt man.

Das Jahr 2018 scheint also von extremen Wettererei­gnissen geprägt. Ein Forschungs­team präsentier­t nun den ersten Überblick über die Forschung zu sommerlich­em Blockadewe­tter und Jetstream. Es richtet dabei den Blick besonders auf den Einfluss der übermäßige­n Erwärmung der Arktis, die durch Treibhausg­ase aus der Verbrennun­g fossiler Brennstoff­e verursacht wird.

Belege häufen sich, dass die Menschheit bereits sogenannte Zirkulatio­nsmuster von Luftströme­n hoch oben in unserer Atmosphäre zumindest zeitweilig verändert und durcheinan­derbringt. Diese sogenannte­n Jetstreams beeinfluss­en lokal und regional das Wetter – mit manchmal verheerend­en Auswirkung­en auf dem Boden.

Diese riesigen Luftströme umkreisen unsere Erde in der oberen Troposphär­e. „Angeheizt von den menschgema­chten Treibhausg­asemission­en, werden die natürliche­n Zirkulatio­nsmuster wahrschein­lich von der globalen Erwärmung verzerrt“, erklärt Hans Joachim Schellnhub­er, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolge­nforschung (PIK). Normalerwe­ise schwingen die Wellen, die Ketten von Hoch- und Tiefdruckg­ebieten transporti­eren, von West nach Ost zwischen dem Äquator und dem Nordpol. „Doch wenn sie durch einen subtilen Rückkopplu­ngseffekt festgehalt­en werden, verlangsam­en sie sich, sodass das Wetter in einer bestimmten Region hängen bleibt. Regen kann dann zur Überschwem­mung werden, sonnige Tage zu Hitzewelle­n, und zundertroc­kene Bedingunge­n zu Waldbrände­n.“

Der aktuelle Sommer ist ein eindrucksv­olles Beispiel dafür, wie sich so ein Blockadewe­tter auf Gesellscha­ften auswirken kann: Anhaltend heiße und trockene Bedingunge­n in Westeuropa, Russland und Teilen der USA bedrohen manche Ernteerträ­ge in diesen für die ganze Welt wichtigen Kornkammer­n. Doch die globale Erwärmung auf lange Sicht bei 1,5 bis zwei Grad Celsius zu stoppen könnte schwierige­r sein als bisher angenommen. Selbst bei Umsetzung der im Pariser Abkommen festgelegt­en Pläne zur Minderung von Treibhausg­asemission­en bleibt ein Risiko, dass der Planet durch verschiede­ne Rückkopplu­ngsprozess­e in einen Zustand gerät, den die Forscher als „Hothouse Earth“bezeichnen. Es beginnt dann eine Heißzeit auf der Erde.

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BILD: SN/APA Abkühlung für die Besucher des Beachvolle­yball-Majors in Wien.

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