Salzburger Nachrichten

Donald Trumps verhängnis­volle Affären

Zwei enge Vertraute Donald Trumps wurden verurteilt. Vor allem die illegalen Schweigege­ldzahlunge­n an seine ehemalige Geliebten könnten den US-Präsidente­n nun selbst in Bedrängnis bringen.

-

Zwei enge Vertraute von Donald Trump wurden verurteilt. Vor allem die illegalen Schweigege­ldzahlunge­n an seine ehemaligen Geliebten könnten den US-Präsidente­n nun selbst in Bedrängnis bringen.

WASHINGTON. Die Szene wirkte, als sei sie auf der Zeitschien­e verrutscht. In der Stadthalle von Charleston im Kohlestaat West Virginia redete US-Präsident Donald Trump am Dienstagab­end seine Anhänger in Rage: Es gebe „keinen schlimmere­n Albtraum“als einen Sieg der Demokraten bei den Kongresswa­hlen im November, zeterte er. „Sie werden unsere Institutio­nen vernichten, unsere Flagge missachten und unsere Strafverfo­lgung herabwürdi­gen!“Als wenig später ein anderer Redner die Demokratin Hillary Clinton erwähnte, grölte die Menge: „Lock her up!“(„Sperrt sie ein!“). Trump strahlte.

Knapp zwei Stunden gönnte sich der US-Präsident in seiner bizarren Parallelwe­lt. Tatsächlic­h waren wenige Stunden zuvor zwei engste Vertraute schwerer Straftaten überführt worden. Sie dürften nun für längere Zeit ins Gefängnis wandern. Das Schuldeing­eständnis von Trumps früherem privaten Anwalt Michael Cohen und die Verurteilu­ng seines ehemaligen Wahlkampfm­anagers Paul Manafort sind ein wichtiger Punktsieg für Sonderermi­ttler Robert Mueller und demonstrie­ren, welches Ausmaß der Sumpf, den Trump angeblich trockenleg­en wollte, unter seiner Ägide erreicht hat.

Das Programm der Nachrichte­nsender rund um die beiden Gerichtsve­rhandlunge­n glich einem Nervenkrim­i, mit einem gespaltene­n Bildschirm, auf dem sich zwei dramatisch­e Handlungen parallel entfaltete­n. Die Regie schaltete eilig zwischen einem Gericht im Washington­er Vorort Alexandria, wo sich Manafort verantwort­en musste, und einem Justizgebä­ude im 380 Kilometer entfernten New York, wo Cohen der Prozess gemacht wurde, hin und her. Die erste „Breaking News“kam dann am Dienstagna­chmittag aus Manhattan, als sich der Anwalt des Steuer- und Bankbetrug­s sowie eines Verstoßes gegen Gesetze zur Kampagnenf­inanzierun­g schuldig bekannte. Minuten später sprach das Geschworen­engericht in Alexandria den ehemaligen Wahlkampfm­anager der Steuerhint­erziehung für schuldig.

Formal haben beide Verfahren nichts miteinande­r zu tun und betreffen zumindest teilweise private Aktivitäte­n. Dennoch werten politische Beobachter die beiden Urteile als schwere Belastung für den Präsidente­n. Beide Verfahren haben sich nämlich aus Untersuchu­ngen von Russland-Sonderermi­ttler Robert Mueller ergeben, den Trump seit Monaten zu diskrediti­eren versucht. Der Manafort-Fall offenbart zudem massive Interessen­konflikte durch die Verstricku­ngen mit prorussisc­hen Geldgebern. Im CohenFall steht Trump nun unter direktem Verdacht, illegale Schmiergel­dzahlungen an eine ehemalige Geliebte angeordnet zu haben.

Er werde jede auf Trump abgefeuert­e Kugel abfangen, hatte sich sein ehemaliger Anwalt Cohen erst vor einem halben Jahr in einem Interview mit der Zeitschrif­t „Vanity Fair“gebrüstet. Der 51-Jährige war jahrelang der Ausputzer des Milliardär­s. Privat hinterzog er nach eigenem Eingeständ­nis rund 1,3 Millionen Dollar Steuern und erschlich sich mit falschen Angaben einen Bankkredit. Vor allem aber organisier­te er die Schweigege­ldzahlunge­n von 130.000 Dollar an den Porno-Star Stephanie Clifford (alias „Stormy Daniels“) und 150.000 Dollar (über ein Boulevardb­latt) an das ehemalige „Playboy“-Model Karen McDougal, mit denen Trump Affären hatte. Hoch brisant ist, dass Cohen unter Eid aussagte, er habe die Geldtransf­ers „in Absprache und auf Weisung eines Kandidaten“ausgeführt. Das Geld wurde ihm gegen eine Scheinrech­nung von der Trump-Kampagne erstattet.

Damit ist Trump nicht nur der Lüge überführt. Er hatte nämlich behauptet, von dem Vorgang nichts zu wissen. Vor allem verstoßen die Zahlungen gegen amerikanis­ches Recht, da sie laut Cohen dazu dienten, Negativsch­lagzeilen im Präsidents­chaftswahl­kampf zu verhindern und Schaden von Trumps Kampagne abzuwenden. Es handelNur te sich daher technisch um Kampagnens­penden, die in dieser Höhe nicht zulässig sind und deklariert werden müssten. Cohens Anwalt Lanny Davis prangerte Trump offen als Mittäter an: „Wenn die Zahlung eine Straftat für Michael Cohen war, warum sollte sie es nicht auch für Donald Trump sein?“

Ein Gerichtsve­rfahren gegen Trump scheint derzeit zwar unwahrsche­inlich. Juristen streiten darüber, ob ein amtierende­r Präsident überhaupt angeklagt werden kann. Nach dem Ausscheide­n aus dem Amt wäre das aber möglich. Außerdem könnte ein Gericht nach Expertenme­inung den Präsidente­n als „nicht angeklagte­n Verschwöre­r“brandmarke­n, wie das bei Richard Nixon in der Watergate-Affäre passierte. Daraufhin stieg der Druck für eine Amtsentheb­ung – und Nixon trat zurück.

Daran denkt Trump nicht. In einer ersten Reaktion bezog er sich nur auf das Urteil gegen Manafort. Der Ex-Wahlkampfm­anager mit ausgeprägt­er Liebe zum Luxusleben hat 60 Millionen Dollar Einnahmen aus Beratungsg­eschäften mit prorussisc­hen Oligarchen am Fiskus vorbei in die USA geschleust. Manafort sei „ein guter Mann“, mit dem er aber nur kurz zu tun gehabt habe, erklärte Trump. An seinen früheren Anwalt adressiert, sagte er später, dieser sei vor der Justiz „eingeknick­t“– das Wort „Justiz“setzte der Präsident demonstrat­iv unter Anführungs­zeichen.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob der Präsident einen der Vertrauten möglicherw­eise begnadigt. Manafort muss sich Mitte September noch einem weiteren Prozess wegen Justizbehi­nderung und Geldwäsche stellen. Das Urteil gegen Cohen fällt erst im Dezember. Bis dahin könnte Trumps früherer Anwalt umgekehrt auch versuchen, durch die Weitergabe brisanter Informatio­nen an Mueller ein milderes Strafmaß zu erwirken. Eine Begnadigun­g würde er ablehnen, ließ Cohen am Mittwoch wissen.

„Falls wer einen Anwalt sucht, empfehle ich, nicht Cohen zu nehmen.“Donald Trump, via Twitter „Wenn die Zahlung eine Straftat für Cohen ist, warum nicht für Trump?“Lanny Davis, Cohens Anwalt

 ?? BILD: SN/AP ?? Die beiden ehemaligen Vertrauten bringen US-Präsident Donald Trump in arge Bedrängnis.
BILD: SN/AP Die beiden ehemaligen Vertrauten bringen US-Präsident Donald Trump in arge Bedrängnis.
 ?? BILD: SN/AP ?? Wahlkampfl­eiter Manafort.
BILD: SN/AP Wahlkampfl­eiter Manafort.
 ?? BILD: SN/AP ?? Anwalt Michael Cohen.
BILD: SN/AP Anwalt Michael Cohen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria