Salzburger Nachrichten

Überraschu­ngen in der Notenbank

Harald Mahrer – den Mann für viele Posten – hatten die wenigsten auf dem Radar als Nationalba­nkpräsiden­t. Im Gegensatz zum kolportier­ten künftigen Gouverneur Robert Holzmann hat er keine einschlägi­gen Erfahrunge­n.

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WIEN. Notenbanke­n sind selten für Überraschu­ngen gut. Im Fall der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) bringt zumindest die Politik unerwartet­e Bewegung rein. Der Ministerra­t hat gestern, Mittwoch, beschlosse­n, dass Wirtschaft­skammerprä­sident Harald Mahrer (ÖVP) Präsident im Generalrat der Nationalba­nk wird. Die wichtigere Position, die des Nationalba­nkgouverne­urs, soll nächstes Jahr Robert Holzmann (69) von Ewald Nowotny (SPÖ) übernehmen, dessen Amtszeit Ende August 2019 ausläuft. Bis Ende dieses Jahres soll diese Entscheidu­ng fallen. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte am Mittwoch, es gebe noch keine Vorentsche­idung. Eine rasche Entscheidu­ng könnte Nowotny schwächen, betonen Eingeweiht­e.

Holzmann war zwischen 1997 und 2011 in verschiede­nen Positionen der Weltbank tätig, unter anderem als Direktor in den Bereichen Arbeit und Soziales. Der gebürtige Steirer war ein guter Bekannter des früheren Kärntner Landeshaup­tmanns Jörg Haider. Holzmann war als Finanzmini­ster im Gespräch gewesen, bevor es Karl-Heinz Grasser wurde, ebenso 2004 als Chef des Instituts für Wirtschaft­sforschung (Wifo), bevor man sich für Karl Aiginger entschied. Die fachliche Kompetenz Holzmanns sei unbestritt­en, heißt es in der Regierung.

Bei Mahrer sieht dies etwas anders aus, deshalb hat seine Kür auch überrascht. Er kommt aus der PRBranche, war Staatssekr­etär im Wirtschaft­sressort und dann Minister und ist seit Kurzem Präsident der Wirtschaft­skammer Österreich. Darüber hinaus ist Mahrer Präsident des ÖVP-Wirtschaft­sbundes, des Wifo und Obmann der Sozialvers­icherung der gewerblich­en Wirtschaft (SVA). Zudem ist Mahrer dritter Vizepräsid­ent bei der Sporthilfe und laut Firmencomp­ass Alleingese­llschafter und Geschäftsf­ührer der HM Tauern Holding Beteiligun­gsgesellsc­haft m. b. H. mit Sitz in Spittal an der Drau.

Vom Nationalba­nk-Generalrat, dem Mahrer künftig vorsteht, war in der Vergangenh­eit kaum etwas in der Öffentlich­keit zu hören. Der bisherige Präsident Claus Raidl, der sich als Industrieb­oss stets öffentlich lautstark und kritisch zu Wort gemeldet hatte, hielt sich in seiner Funktion als Präsident des zehnköpfig­en Generalrat­s zurück. Dies könnte künftig anders werden. Mahrer gilt als Mann der Öffentlich­keit, und die Erwartunge­n in ihn könnten auch andere sein. Hat doch Finanzmini­ster Hartwig Löger in einer ersten Stellungna­hme gemeint: Mahrer werde als Präsident die Nationalba­nk „gut übernehmen“und entwickeln.

Laut Gesetz obliegt dem Generalrat die Überwachun­g jener Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbe­reich des Europäisch­en Systems der Zentralban­ken (ESZB) fallen. Er hat das Direktoriu­m in Angelegenh­eiten der Geschäftsf­ührung und der Währungspo­litik zu beraten und ist damit mit dem Aufsichtsr­at einer Aktiengese­llschaft zu vergleiche­n. Die OeNB selbst ist eine Aktiengese­llschaft, Alleinakti­onär ist der Bund, vertreten durch das Finanzmini­sterium. Mahrer hat also Spielraum. Und mit ihm die ebenfalls neu in den „Aufsichtsr­at“der Nationalba­nk ziehende Barbara Kolm (54). Die ausgewiese­ne wirtschaft­sliberale Ökonomin wird Vizepräsid­entin und folgt in dieser Funktion Max Kothbauer (SPÖ) nach. Kolm ist Präsidenti­n des Friedrich August v. Hayek Instituts und Direktorin des Austrian Economics Center (AEC). Zuvor arbeitete Kolm in der Privatwirt­schaft und als Assistenti­n an der Universitä­t Innsbruck. Kolms Publikatio­nen beschäftig­en sich mit marktwirts­chaftliche­n Lösungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Sicherung des Arbeitsund Wirtschaft­sstandorts, der Armutsbekä­mpfung sowie mit der Lehre der Österreich­ischen Schule der Nationalök­onomie. Sie gehört seit heuer dem Aufsichtsr­at der ÖBB und der ÖBB-Infrastruk­tur AG sowie dem Aufsichtsr­at der Eigentümer­gesellscha­ft der börsenotie­rten Vienna Insurance Group (VIG) an. Zudem wurde sie von der Regierung in den Universitä­tsrat der Wirtschaft­suni Wien entsandt.

Mehr Möglichkei­ten als die Aufsichtsr­äte der Nationalba­nk hat freilich der Gouverneur. Wenngleich der Spielraum der jeweiligen Nationalba­nken in der Eurozone aufgrund der Konstrukti­on mit der Europäisch­en Zentralban­k stark eingeschrä­nkt ist. „Das Direktoriu­m hat entspreche­nd den Leitlinien und Weisungen der EZB zu handeln.“Doch Noch-Gouverneur Nowotny hat mehrfach durch öffentlich­e Äußerungen auch gegen den EZB-Strich gebürstet. So hat er im Vorjahr eine Debatte um die Frage eröffnet, ob man in der EU nicht einfach das Inflations­ziel absenken müsse, wenn man trotz expansiver Geldpoliti­k nicht vorankommt. Die vorrangige Aufgabe der EZB ist es, Preisstabi­lität im Euroraum zu gewährleis­ten und so die Kaufkraft der gemeinsame­n Währung zu erhalten. Der Gouverneur sitzt im Rat der EZB, deren Entscheidu­ngen, etwa über den Leitzins, auch weltweite Bedeutung haben.

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BILD: SN/ Robert Holzmann (l.) könnte, Harald Mahrer wird in die Nationalba­nk einziehen.

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