Jedem Sommerloch eine Steuerautonomie
Wenn die Länder wenigstens einmal ein konkretes Modell vorlegen würden, wäre die „Debatte“nicht gar so peinlich.
Politik ist Wiederholung. Siehe Ruf nach einer größeren Steuerautonomie für die Länder. Dass sie bereit wären, sich selbst um ihr Geld zu kümmern, haben einzelne Vertreter noch in jedem Sommerloch vermeldet. Diesmal haben sich vier ÖVP-Landeshauptleute dafür ausgesprochen: Johanna Mikl-Leitner (NÖ), Günther Platter (Tirol), Thomas Stelzer (Oberösterreich) und Markus Wallner (Vorarlberg). Einer wollte sich nicht daran beteiligen: Hermann Schützenhöfer (Steiermark) ist das vielleicht wegen seiner langjährigen Erfahrung zu peinlich.
Das nämlich ist es: Die Länder nützen schon die bescheidenen Möglichkeiten zur Steuerautonomie, die sie hätten, nicht aus. Gerade erst wurde der Wohnbauförderungsbeitrag „zu einer ausschließlichen Landesabgabe mit voller Autonomie für die Länder hinsichtlich des Tarifs“gemacht, wie es im Finanzausgleichspaktum heißt. Geschehen ist jedoch dies: Praktisch ist alles beim Alten geblieben.
Den weniger populären Job, Steuern einzutreiben, überlassen die Länder vorzugsweise dem Finanzminister: Das erspart ihnen viel Ärger (mit den Bürgern) und ist vor allem auch lukrativ. Die Ertragsanteile, die ihnen überwiesen werden, steigen in der Regel stark an. Und zwar ohne ihr Zutun.
Bei der ganzen Steuerautonomie-Debatte ist sehr vieles verdächtig: Auf grundsätzliche Bereitschaftsbekundungen folgt kein konkretes Modell. Wen wundert’s: Die Ausgaben der Länder (inkl. Wien) machen rund 50 Milliarden Euro aus. Der Wohnbauförderungsbeitrag bringt mit einer Milliarde gerade einmal zwei Prozent davon. Um ernsthaft von einer Autonomie reden zu können, müssten die Länder mehr als die Hälfte ihres Bedarfs selbst eintreiben. Die Grundsteuer müssten sie dazu vervielfachen. Realistischerweise bräuchten sie im Übrigen auch noch einen Lohnsteueranteil, den sie bedarfsgerecht fixieren dürfen.
Um nicht missverstanden zu werden: Steuerautonomie wäre wichtig. Zu einer ordentlichen Auseinandersetzung würde jedoch auch gehören, nicht nur Einnahmen-, sondern auch Ausgabenverantwortungen neu zu bündeln. Womit wir bei der nächsten Schwachstelle dieser Debatte angelangt wären: Die Länder teilen sich alle kostspieligen Zuständigkeiten mit dem Bund und zum Teil auch den Sozialversicherungen, von der Kinderbetreuung bis zur Pflege, von der Bildung bis zum Gesundheitswesen. Damit haben sie die Ausgaben nicht wirklich unter Kontrolle und können daher auch nicht das garantieren, was das große Ziel einer Steuerautonomie wäre: Effizienzsteigerungen inkl. Entlastung aller Österreicher am Ende des Tages. Soll heißen: Mehr Steuerautonomie muss mit einer Zuständigkeitsbereinigung einhergehen. Sonst wird das nichts.