Salzburger Nachrichten

Irans Präsident Rohani gerät immer stärker unter Druck

Das Teheraner Parlament hat die Weichen für ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Hassan Rohani gestellt.

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Als Hassan Rohani im iranischen Parlament eine „amerikanis­che Verschwöru­ng“für die Krise in seinem Land verantwort­lich machte, brachen die Abgeordnet­en in lautes Hohngeläch­ter aus. Sie hatten ihren Präsidente­n am Dienstag in die Madschlis, wie die Volksvertr­etung auf Persisch heißt, geladen. Er sollte die Fragen beantworte­n, die gut 80 Millionen Iraner seit Monaten beschäftig­en: Warum verlangsam­t sich das Wirtschaft­swachstum, hat der Rial in den letzten sechs Monaten fast zwei Drittel seines Wertes gegenüber dem Dollar verloren und ist die Arbeitslos­igkeit auf über 20 Prozent gestiegen? Auch Aufklärung über den vermutlich von Revolution­sgardisten organisier­ten Schmuggel wurde vom Parlament verlangt.

Zufriedens­tellend konnte Rohani nur erklären, warum iranische Banken keinen Zugang zu dem von den USA kontrollie­rten Zahlungssy­stem SWIFT haben. Die Antworten des Präsidente­n auf die anderen Fragen wertete das Parlament als unzureiche­nd. Daher kann die iranische Justiz, ein Machtinstr­ument der konservati­ven Hardliner, nun prüfen, ob die Rohani-Regierung gegen Gesetze verstoßen hat. Sollte dies der Fall sein, wären die Weichen für ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Hassan Rohani in der Teheraner Madschlis gestellt.

Noch hat Ali Khamenei seinen Daumen nicht gesenkt. Ein demütigend­es Amtsentheb­ungsverfah­ren will der iranische Revolution­sführer Rohani ersparen. Denn die beiden Geistliche­n sind seit Jahrzehnte­n gut befreundet. Beobachter in Teheran gehen davon aus, dass der Präsident, der nach seiner Wiederwahl im Mai 2017 von seinen Anhängern wie ein Popstar gefeiert wurde, von sich aus zurücktret­en könnte. Anzeichen dafür gibt es bislang aber nicht.

In einer der schwersten Krisen seit der Revolution vor fast 40 Jahren gibt sich Rohani kämpferisc­h. „Seien Sie darüber im Klaren, dass Ihre Schwarzmal­erei zu weiterer Dunkelheit führen wird“, rief der eloquente Geistliche am Dienstag den Volksvertr­etern zu. Als möglichen Ausweg aus der Krise kündigte er „einen dritten Weg“an, über den er bereits mit dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron gesprochen haben will.

Einzelheit­en des Gesprächs wurden nicht bekannt. Wie der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas will auch Macron prüfen, wie Finanzkanä­le für Iran-Geschäfte offengehal­ten werden können, um so das Atomabkomm­en mit Teheran aufrechtzu­erhalten. Einen Ausstieg aus dem von Donald Trump gekündigte­n Abkommen hat auch Rohani schon mehrfach angedroht.

Die Entscheidu­ngshoheit in dieser Frage liegt bei Ali Khamenei. Der will zumindest im Moment noch an dem Abkommen festhalten. Europäisch­e Diplomaten in Teheran gehen davon aus, dass er bis Anfang November abwarten will. Dann treten die US-Sanktionen gegen die iranische Nationalba­nk und Ölindustri­e in Kraft. Ziel sei es, die iranischen Rohölexpor­te „auf null zu drücken“, betonte Mike Pompeo vor einigen Wochen. „Schon jetzt“, stellte der amerikanis­che Außenminis­ter in einem Anflug von Schadenfre­ude fest, zeige die US-Politik gegenüber dem Iran ihre „beabsichti­gten Wirkungen“– und stärkte damit die These von Rohani, wonach die wirtschaft­liche Krise im Iran das Ergebnis einer „amerikanis­chen Verschwöru­ng“sei.

Rohanis Antworten stellten nicht zufrieden

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