Wer bezahlt da wen – und wofür?
Oder: Ein Anruf, der einige Fragen aufwarf.
Die lange Nummer am Display verhieß nichts Gutes. 050-Vorwahl – großes Unternehmen oder eher noch eine Behörde. Werden Radarstrafen jetzt schon telefonisch eingetrieben? Doch es war meine Bank. Seit Jahren hatte ich keinen persönlichen oder telefonischen Kontakt mehr, ist die Nummer nicht im Handy gespeichert. Schließlich erledige ich meine Bankgeschäfte selbst, per Telebanking, digital.
Dann wurde ich wieder überrascht. Die nette Stimme am Telefon bat mich um ein Jahresgespräch. Derartige Gespräche führt man in Unternehmen mit Mitarbeitern. Dabei werden Leistungen bewertet, Aufstiegsmöglichkeiten offeriert und es wird zu Jubiläen gratuliert.
Nun gut, ich bin ja auch ein fleißiger Mitarbeiter. Ich erledige jede Buchung selbst, tippe Zahlenkolonnen mit Namen BIC und IBAN in Eingabeformulare und kontrolliere, ob die Transaktionen ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Alles ohne BWL-Studium, Banklehre oder Einschulung. Meine Leistungen werden bei diesem Jahresgespräch sicher als höchst zufriedenstellend bewertet.
Wenn ich richtig nachrechne, bin ich auch ziemlich genau 30 Jahre im Dienst dieser Bank. Ein Firmenjubiläum also, wie fein! Die Gründe, die damals für eine Bindung an das Unternehmen ausschlaggebend waren, sind zwar mittlerweile verjährt. Einen dicken Bonus hat man mir damals für meine Geschäfte versprochen. Der ist über die Jahre immer weniger geworden. Was soll’s, auch die Kollegen im Management mussten bei ihren Boni zurückstecken. Und ich muss gestehen, mein Engagement hat in letzter Zeit auch tatsächlich nachgelassen. Die Arbeit für die Bank ist ja quasi nur ein Nebenjob. Geblieben bin ich dennoch. Und so nett eine Würdigung dieses langen Beschäftigungsverhältnisses auch ist, wenn sie mir einen Aufstieg anbieten, ich werde Nein sagen. Wer weiß, was noch auf mich zukommen würde?
Einen Aufstieg lehne ich auch deshalb ab, weil mich eines irritiert: Ich bezahle dafür, dass ich für meine Bank arbeite. Keine Ahnung, wie es zu dieser Schieflage kam. Darum bin mir jetzt ganz sicher, dass es das ist, was man bei diesem Jahresgespräch klären und wieder ins Lot bringen wird.
„Hallo, sind Sie noch dran?“, fragt jetzt die nette Stimme am Telefon. „Wir würden Ihnen gerne ein paar neue Produkte aus unserem Haus vorstellen. Wann hätten Sie Zeit?“