Salzburger Nachrichten

Die Jagd nach der dritten Nacht

Wer länger bleibt, bekommt in Innsbruck Gratisleis­tungen über „Welcome Cards“– ein System, das auch bei der Salzburg Card funktionie­rt.

- FRED FETTNER

INNSBRUCK. Der Tourismus in Tirols Landeshaup­tstadt boomt, aktuell liegt man heuer mit 5,2 Prozent im Plus. Und mit der auf 2,1 Nächte verlängert­en Aufenthalt­sdauer sei eine Trendwende eingeleite­t worden, sagt Tourismusd­irektorin Karin Seiler-Lall. Wobei sich der Zuwachs noch in homöopathi­schen Dosen (0,4 Prozent) bewegt. Innsbrucks 2,1 Nächte kann man dabei nicht 1:1 auf andere Städte umlegen, denn der Tourismusv­erband umfasst mittlerwei­le auch 25 Umlandgeme­inden, die bis zu 35 Kilometer entfernt sind. Auf diese Art übertrifft die Grundfläch­e des touristisc­hen Innsbrucks bereits Wien.

Die längere Aufenthalt­sdauer sei aber durchaus auch auf städtische­m Terrain erreicht worden. Als entscheide­nd dafür wird die kostenlose Welcome Card gesehen, die bis zu zwei Nächte den Leistungen einer typischen Gästekarte entspricht. Doch ab der dritten Nacht sind unter anderem die Bergbahnen rund um die Stadt kostenlos zu nutzen. 74.000 Welcome Cards wurden diese Sommersais­on ausgegeben, 25.000 Mal wurde die kostenlose Bergbahn genutzt. Die Ausgaben des Verbandes dafür übersteige­n zwar die durch die dritte Nacht kassierte Tourismusa­bgabe, doch durch die erzielte Wertschöpf­ung bei Aufenthalt­sverlänger­ung rechne sich das Projekt.

Die Stadt Salzburg lässt sich bei der Aufenthalt­sdauer nur bedingt mit Innsbruck vergleiche­n. „Die Umlandgeme­inden, für die wir das Marketing machen, sind bei uns nicht in der Statistik enthalten“, sagt Herbert Brugger, Geschäftsf­ührer von Tourismus Salzburg. Die Mozartstad­t hält bei leicht sinkender Tendenz bei 1,7 Nächten.

„Unsere Strategie ist, das Produkterl­ebnis zu stärken“, betont Seiler-Lall. So verschwind­et der Zusatz „... und seine Feriendörf­er“aus Innsbrucks Außenauftr­itt. An dessen Stelle tritt die Themenorie­ntierung wie Bike, Hike, Kultur und neu Exploring. Unter Exploring wurden sieben urbane Themenwege entwickelt, welche die Gäste aus dem überlaufen­en Zentrum rund ums Goldene Dachl führen sollen. Noch stärkere Entflechtu­ng der Tourismuss­tröme und längere Aufenthalt­sdauer soll die erweiterte „Innsbruck Card Unlimited“bringen. Bisher wurden 74.000 dieser Ein- bis Dreitagest­ickets verkauft. Die Dau- er der Dreitagesk­arten wird auf fünf Tage erweitert, Attraktion­en von Südtirol bis zu den bayerische­n Königsschl­össern sollen inkludiert werden, um vor allem für weit angereiste Touristen Innsbruck zum Basislager für den Aufenthalt im Alpenraum zu machen. Wobei die Card nicht an Übernachtu­ngen in Innsbruck gebunden ist.

Damit entspricht die Innsbruck Card von der Idee her der Salzburg Card, in der etwa die Untersberg­bahn, das Freilichtm­useum und die Öffis zur Fahrt in die Stadt inkludiert sind. „Wir schicken etwa 40.000 Gäste auf den Untersberg. Insgesamt verkaufen wir 250.000 Karten, die für 1,5 Millionen Eintritte sorgen. Knapp fünf Millionen Euro können wir dafür schon an die teilnehmen­den Betriebe ausschütte­n“, zeigt Brugger die gegenüber Innsbruck höheren Dimensione­n auf. Er bestätigt, dass die Salzburg Card sicher auch zu längeren Aufenthalt­en beitrage. Wie weit Erscheinun­gen des „Overtouris­m“dadurch zurückgedr­ängt werden, ist eher fraglich. Denn ob Innsbruck oder Salzburg, erst der in die Stadt strömende Tagesgast schafft die Proteste verursache­nden Staus zu und an den Sehenswürd­igkeiten.

In Tirol wirkt sich der radikale Wandel zur Reduktion auf die Marke Innsbruck auch bei den Buchungen aus. So wurde eine Vereinbaru­ng mit booking.com geschlosse­n, nach der die Innsbruck-Informatio­n keine eigene Buchungsma­schine mehr betreibt. Alle Buchungsan­fragen werden an den kommerziel­len Anbieter weitergele­itet. Ohnehin erfolge nur ein Prozent aller Hotelanfra­gen über die InnsbruckH­omepage. Allerdings ist nun diese Alternativ­e gefallen.

In Salzburg verspürt Brugger in die Gegenricht­ung Druck durch die Hotellerie, mehri neigen e Online Buchungs möglichkei­ten zu investiere­n, um Provisione­n einzuspare­n. Der Innsbruck er Wegs ei wohl das Eingeständ­nis, gegen die Online-Riesen chancenlos zu sein.

Für den Innsbrucke­r Hotelier August Penz führt kein Weg am USKonzern vorbei. „Wir kommen als Stadthotel­s an Booking nicht vorbei. Nur bei Wiederhole­rn können wir mit besonderen Preisangeb­oten, etwa inkludiert­em Frühstück, Direktbuch­ungen erreichen.“

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BILD: SN/TVB INNSBRUCK Innsbruck will seine Gäste dazu bringen, länger zu bleiben.

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