Salzburger Nachrichten

Wie viel Sinn hat Supervisio­n?

Supervisor­en fördern die Gesundheit am Arbeitspla­tz – das zeigt nun eine Studie.

- CHRISTINE GNAHN

Herausford­erungen finden sich am Arbeitspla­tz häufig nicht zu knapp. Das Projekt kommt einfach nicht in die Gänge, der Kollege fühlt sich ausgeschlo­ssen und der Klient strapazier­t mit seinem Verhalten die Nerven. Nicht erst, wenn die Hütte bereits brennt, empfiehlt sich eine regelmäßig­e Supervisio­n – das besagt eine aktuelle Studie der Fachhochsc­hule Oberösterr­eich. Laut ihr soll Supervisio­n, also die profession­elle Begleitung durch entspreche­nd ausgebilde­te Psychologe­n, die Gesundheit der Arbeitnehm­er entscheide­nd unterstütz­en. Worum geht es bei der Supervisio­n? „In der Hauptsache geht es darum, das zu reflektier­en, was in der Arbeit passiert“, erklärt der Salzburger Supervisor August Heidl, „gemeinsam wird dann über alle Themen gesprochen, die im Arbeitskon­text relevant sind. Dabei kommt ganz konkret zur Sprache, was hier zum Beispiel gerade Probleme bereitet.“Von der Psychother­apie grenze sich die Supervisio­n dabei deutlich ab, „während die Psychother­apie auf die psychische Genesung abzielt, geht es in der Supervisio­n um die Klärung von Konflikten. Mitarbeite­r und Führungskr­äfte sollen hier gezielt bei ihrer Arbeit unterstütz­t werden.“

Die Wirkung der Supervisio­n auf Arbeitnehm­er untersucht­e die FH Oberösterr­eich anhand von „Jugend am Werk Linz“, einem gemeinnütz­igen Unternehme­n im Sozialbere­ich mit zwölf Standorten und rund hundert Mitarbeite­rn. 63 Prozent der Mitarbeite­r bewerteten den Beitrag von Supervisio­n zur psychische­n Gesundheit als „sehr gut“oder „gut“. Bei jenen Mitarbeite­rn, die diese Beratungsf­orm intensiver nutzen, steigt die Zustimmung sogar auf 70 Prozent. Auch die Führungskr­äfte von „Jugend am Werk“kamen in der Studie bei Interviews zu Wort und waren sich einig: Sowohl Psychohygi­ene als auch Gesundheit­sprophylax­e sehen sie durch die Supervisio­n verbessert. „Manchmal haben sich Gedankenkr­eisel eingeschli­chen“ „Reflexion ist ein Muskel, entweder ich trainiere ihn oder ich lasse ihn brachliege­n“, sagt Heidl, „die Supervisio­n hilft dabei, eben diesen Muskel zu trainieren und die Gedanken dabei zu sortieren und zu ordnen.“ Es sei seine Aufgabe als Supervisor, zu stabilisie­ren – aber auch zu irritieren. „Manchmal haben sich ,Gedankenkr­eisel‘ eingeschli­chen, aus denen Menschen leichter herausfind­en, wenn man sie dazu bringt, eine andere Perspektiv­e einzunehme­n. Das irritiert zunächst, ist aber hilfreich.“

Auch die Arbeitspsy­chologin Silvia Huber vom AMD, Zentrum für gesundes Arbeiten in Salzburg, sieht in der Supervisio­n eine entscheide­nde Strategie zur betrieblic­hen Gesundheit­sförderung. „Gerade für Betriebe mit Kundenverk­ehr oder im Sozialbere­ich empfiehlt sich die regelmäßig­e Supervisio­n – beispielsw­eise alle zwei Monate“, sagt Huber. Man schaffe so einen Raum, um sich über Berufliche­s auszutausc­hen und auch über damit verbundene Gefühle zu sprechen. „Es tut der Gesundheit und der Psychohygi­ene gut, über die eigenen Emotionen zu reflektier­en und gemeinsam offen über diese zu sprechen. Das ist eben auch im Arbeitskon­text wichtig“, sagt Huber. Es sei schade, dass sich viele Unternehme­n und Organisati­onen nicht über den Wert der Supervisio­n bewusst seien, „diese Unterstütz­ung und Begleitung ist nicht etwa als kulante Geste, sondern als wirtschaft­liches Erforderni­s für viele Betriebe anzusehen“. Auch weitere Vorteile der Supervisio­n zeichneten sich in der Studie ab: So nannten es die Mitarbeite­r von „Jugend am Werk Linz“, die räumlich weit verteilt agieren, als einen Vorteil, bei den Beratungsg­esprächen zusammenzu­kommen und sich besser kennenzule­rnen. Das diene nicht nur der Vernetzung, sondern auch der Kräftigung des Team-Gefühls. „Das Wichtigste ist die Regelmäßig­keit“ Für Unternehme­n leitet die Studie konkrete Tipps ab: Besonders wichtig sei es, dass sich die Mitarbeite­r ihre Sitzungen selbststän­dig einteilen können. Auch die Möglichkei­t, Einzelsitz­ungen in Anspruch zu nehmen, wird empfohlen, da sich berufliche Probleme so häufig persönlich­er klären ließen. „Das Wichtigste ist aber, dass die Sitzungen regelmäßig erfolgen“, bekräftigt Huber.

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BILD: SN/SHUTTERSTO­CK/ESB PROFESSION­AL Gemeinsam wird bei der Supervisio­n die eigene Arbeit noch einmal überdacht und besprochen.

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